Burgdorf
Mittwoch, 20.09.2023 - 09:09 Uhr

50. Burgdorfer Oktobermarkt: Wie aus einer Idee das große Stadtfest wurde

Der Oktobermarkt am Rathaus I im Jahr 1972Aufn.:

Seit 1972 wird in Burgdorf ein Stadtfest gefeiert, das durch immer wieder neue Ideen und viele weitere Aktivitäten eine ungeahnte Eigendynamik nahm. So konnte sich die Ursprungsidee der Gründer weiterentwickeln, vergrößert und zu einer überregionalen Attraktion werden.

BURGDORF

Am 23. Mai 1972 wurde Paul Rohde zum Vorsitzenden der "Interessengemeinschaft Weihnachtsbeleuchtung e.V." gewählt, nachdem er seine Forderung zum Neuanfang des Vereins unter neuer Zielsetzung dargelegt hatte. Bereits am 17. Juli 1972 wurde die neue von Rohde erarbeitete Satzung des "Aktionskreises Einkaufsstadt Burgdorf e.V." beschlossen und zur Genehmigung eingereicht. Schnell erhielt der Verein ein neues Logo, das erst Jahre später sein heutiges modernes Aussehen erhielt.

 

Sofort wurden Arbeitsausschüsse gebildet und die Aufgabe, ein Straßenfest am ersten Wochenende im Oktober zu organisieren, aufgenommen. Innerhalb kürzester Zeit - mit viel persönlichem Einsatz aller Beteiligten - stand das Konzept. Es sollte ein "Oktobermarkt" im Bereich Rathaus und Mittelstraße mit viel Musik und Eigenaktionen gestartet werden. "Nicht einfach war, die Genehmigungen der Stadt und des Landkreises einzuholen. Ein derartiges Ansinnen war neu und wurde von den Behörden mit Argwohn aufgenommen", erinnert sich Paul Rohde.

 

Das Ziel war, damals nicht anders als heute, Burgdorfs Image als Einkaufsstadt aufzupolieren, die gemeinsame Werbung der Geschäftsleute zu fördern, die Kunden und Bürger von weither anzulocken und mit Kinderspielen, Musik, Aktivitäten zu unterhalten. Da eine Öffnung der Geschäfte sonntags noch nicht möglich war, war das Ende des Oktobermarktes für Sonnabend gegen 18 Uhr geplant.

 

Darüber hinaus sollte ein Überschuss erwirtschaftet werden, der wohltätigen Zwecken zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Grundfinanzierung wurde durch "Aktionspakete" gesichert. Jedes Mitglied musste mindestens ein Paket erwerben. Hiermit wurden alle Allgemeinkosten (Lautsprecherwerbung im Landkreis, Musik, Drehorgeln, Fensterkleber, Plakate, Gemeinschaftsanzeigen, Rosen, Fähnchen und anderes) abgedeckt.

 

Ein nicht geahntes Engagement der Mitglieder (ihre Zahl hatte sich bereits auf 45 verdoppelt) entwickelte sich, so dass der Oktobermarkt pünktlich am Donnerstag, 5. Oktober 1972, um 10 Uhr auf dem Spittaplatz eröffnet werden konnte. Das Polizeimusikcorps des Landes Niedersachsen spielte mit 30 Musikern "kostenlos". Rohde begrüßte die Anwesenden und erklärte: "Der Oktobermarkt soll nach dem Willen der Veranstalter eine feste Einrichtung in Burgdorf werden." 

 

Am Nachmittag fanden in der Mittelstraße, der Schmiedestraße und Am Brandende (damals noch weitgehend eine große unbebaute Fläche) Go-cart-Rennen, Verkehrskaspertheater der Lüneburger Schutzpolizei, Kinderspiele, Sackhüpfen, Reifenrennen, Dreiradrennen, Torwandschießen, Korbballwerfen, Pony-Kutschfahrten, Rundfahrt mit einem echten Polizeiauto, Ballonweitflug-Wettbewerb und vieles mehr statt. Bei einer Kindertombola waren ein Fahrrad und andere Preise zu gewinnen.

 

Stadtdirektor Horst Bindseil, Bürgermeister Heinz Reppenhagen und Sportlehrer und Turner "Onkel Richard" Höper zogen mit Drehorgeln durch die Stadt, die Geschäfte und die Amtsstuben und sammelten für den guten Zweck - den Bau eines innerstädtischen Kinderspielplatzes in der Gartenstraße. Am Freitag war Rosentag. Die Kundinnen wurden in den Geschäften mit 7100 Rosen beschenkt.

 

Der Sonnabend stand im Zeichen des "Krempelmarktes", eines großen Flohmarktes (des ersten in Burgdorf) rings ums Rathaus. Hier zeigte sich, dass für solche Veranstaltungen ein Bedarf vorhanden ist. Der Duft der Erbsensuppe aus der THW-Gulaschkanone lockte die hungrigen Gäste.

 

Am Nachmittag taufte Kreisdirektor Friedel Wullekopf im Beisein von Landrat Wilhelm Schaper und weiterer Prominenz auf dem Spittaplatz ein neues Segelflugzeug des Burgdorfer Luftsportvereins auf den Namen "Landkreis Burgdorf". Die Stadt war mit Fahnen geschmückt, Bier- und Bratwurstbuden luden zum Verweilen ein. Die Geschäfte hatten vor ihren Geschäften Aktionsstände aufgebaut. Trimm-Aktion, Glücksraddrehen, Büchsenwerfen, Nagelschlagen Ringewerfen, Sonderangebote - all das lockte die Besucher in die Einkaufsstraßen. Die hannoversche Band Happy Jazz & Co. spielte vor dem Rathaus und auf einem durch die Stadt ziehenden Ackerwagen. Der Burgdorfer Spielmannszug, das Fanfarencorps "Wikinger", die Blue-Birds, die Spielmannszüge Schillerslage und Uetze sowie die Feuerwehrkapelle Ramlingen sorgten für Unterhaltung.

 

Der finanzielle Überschuss des Marktes war Grundstein für den später gebauten und damals attraktivsten Kinderspielplatz Burgdorfs gegenüber dem Kindergarten in der Gartenstraße.

 

Schon im Jahre 1973 wurde der Schausteller Musiolek - bis heute dabei - mit einbezogen. Und es gab eine große Oktobermarkt-Tombola, von deren Überschuss erhebliche Spenden in wohltätige Einrichtungen gingen.

 

"Der AKEB organisierte den Oktobermarkt rein ehrenamtlich, so lange ich Vorsitzender war. Erst 1978 war das nicht mehr möglich, da das Event größere Ausmaße angenommen hatte und ich machte den Weg frei für eine professionelle Organisation durch den VVV mit bezahltem Geschäftsführer und gewaltigen finanziellen Zuschüssen", so Paul Rohde.

 

Aus dem von aktiven Geschäftsleuten und Vereinen getragenen Oktobermarkt wurde bald ein Stadtfest mit Rockmusik und professionellen Buden. "Originelle Ideen wie die vom 'Tannenclub', Seifenkistenrennen oder Aktionen zur Erwirtschaftung eines Gewinns für wohltätige Zwecke fielen flach", erklärt der ehemalige Vorsitzende.