Mehr als 100 Anwohner fordern Abschaffung der Strabs
SEHNDE
Am 19. Januar 2024 trafen sich die Anwohner aus der Nelkenstraße, Gartenstraße und Bergstraße in Sehnde zu einer weiteren Versammlung aufgrund der geplanten Straßensanierungs- und Kanalisationsarbeiten. Im Vordergrund standen für die Anwohner die finanziellen Belastungen durch Straßenausbaubeiträge (Strabs) und zusätzlich der Kosten, die auf dem eigenen Grundstück für die Modernisierung der Kanalisation entstehen. Insbesondere die Strabs treibt den Anwohnern Sorgenfalten in die Stirn.
In den in unmittelbarer Nähe liegenden Straßen Rosenstraße, Heckenweg und Wiesenstraße finden seit beinahe zwei Jahren Bauarbeiten statt. Die Anwohner dieser Straßen haben daher um die Möglichkeit der Teilnahme an der Veranstaltung gebeten, die Teilnahme wurde ihnen zugesagt. Insgesamt kamen mehr als 100 Anwohner zusammen. Sehndes Bürgermeister Olaf Kruse war anwesend und auch Sprecher aller im Stadtrat vertretenen Parteien folgten der Einladung sowie auch Vertreter des Ortrates.
Von den Anwohnern wurde eine Tagesordnung erarbeitet. Nach der Begrüßung des Bürgermeisters und der Ratsmitglieder gab es einen kleinen Abriss darüber, was seit der jüngsten Zusammenkunft passiert ist. Am Tag der Versammlung kam die Antwort der Verwaltung auf die Fragen der Anwohner, also zu kurzfristig, um darauf eingehen zu können. Es wird hierzu eine weitere Versammlung einberufen werden müssen, teilen die Anwohner mit.
Im Anschluss gab es einen Vortrag von Tibor Herczeg, Landesgeschäftsführer des Verbandes Wohneigentum, zum Thema Strabs. Er ging auf die hohen Belastungen durch diese Gebühren ein, die in großer Anzahl ältere Mitbürger betreffen würden: "Sanierungen finden in alten Straßen mit alten Häusern und alten Bewohnern statt". Gleichzeitig werden für viele dieser alten Häuser in den kommenden Jahren aufgrund gesetzlicher Vorgaben Investitionen zur Senkung von Energiekosten erforderlich sein. "Die Erhebung einer Strabs ist unsozial", so Herczeg, denn die Straßen werden nicht nur von Anwohnern genutzt. Der Landesgeschäftsführer ging darauf ein, dass diese Abgabe in vielen Kommunen nicht mehr erhoben wird. Er wies ebenfalls darauf hin, dass es für Kommunen besondere Finanzierungsmöglichkeiten bei Abschaffung der Strabs für die Straßenerneuerung gibt.
Nächster Tagesordnungspunkt war ein kurzer Abriss über die zu erwartenden Arbeiten und die damit verbundenen Kosten für die Erneuerung der Kanalisation auf den Grundstücken in der Gartenstraße und der Bergstraße. Bei den Häusern dieser Straße handelt es sich um ehemalige Genossenschaftshäuser, die vor rund 95 Jahren gebaut wurden. Besonderheit ist, dass nicht jedes Haus separat an die Abwasserleitungen angeschlossen ist, sondern ein Anschluss für jeweils drei Häuser existiert. Nach vorsichtigen Schätzungen wird jeder Hausbesitzer allein für diese Arbeiten zwischen 12.000 und 20.000 Euro einplanen müssen.
Daran anschließend gab es einen kurzen Input über die besondere Situation in der Nelkenstraße. Hier gibt es seit Jahren Schäden am Fahrbahnbelag, verursacht von durchfahrenden Baufahrzeugen. Ebenfalls wurde kritisiert, dass es seit Jahren kleinere Beschädigungen der Kanalisation gibt, die seitens der Stadtwerke nicht behoben wurden, sodass diese nun gesamt erneuert werden soll.
Danach berichteten Anwohner aus der Wiesenstraße, des Heckenwegs und der Rosenstraße von ihren Erfahrungen mit den Bauarbeiten. Diese begannen vor etwa 21 Monaten und ein Ende sei noch nicht in Sicht. Seit den Arbeiten klagen die Anwohner über in die Keller eindringendes Wasser und über Höhenunterschiede zwischen Grundstücken und der Straße. Probleme, die es vor den Arbeiten nicht gegeben haben soll. Ob und wann die Arbeiten weitergehen, sei derzeit nicht klar. Bürgermeister Kruse berichtete hierzu von einem Rechtsstreit mit der Baufirma.
Für die Anwohner spiele es wenige reine Rolle, ob die Fehler in der Planung oder der Ausführung der Bauarbeiten liegen. Sie möchten nur nicht mit Kosten für eine deutliche Verschlechterung ihrer Wohnsituation belastet werden, wurde sehr deutlich vorgetragen. Diesbezüglich hatten sich einige Anwohner bereits an die Stadtverwaltung und die Stadtwerke gewandt, aber keine zufriedenstellenden Antworten bekommen. Dem Bürgermeister waren die Schäden und Beschwerden der Anwohner nicht bekannt. Er machte sich hierzu Notizen und will sich der Sache annehmen. Zu einer Begehung zeigte er sich ebenso bereit, so dass nun nach einem Termin hierfür wird gesucht wird.
Den Anwohnern der Straßen, in denen die Bauarbeiten noch anstehen, wurde nach Schilderung dieser Probleme angst und bange, befürchten sie doch nun, dass ähnliche Probleme auch auf sie zukommen könnten. Auch die Ratsmitglieder zeigten durch die Schilderungen eine deutliche Betroffenheit.
Im Anschluss gab es die Möglichkeit, Fragen an den Bürgermeister und die Ratsmitglieder zu stellen. Davon wurde rege Gebrauch gemacht. Neben einzelnen Problemen, die insbesondere während oder in der Vorbereitung der Bautätigkeiten auftraten, wurden auch individuelle Probleme angesprochen. Sowohl die Mitglieder der Fraktionen als auch der Bürgermeister sprachen sich einhellig für die Abschaffung der Strabs aus, wiesen aber auch darauf hin, dass nach Möglichkeiten für die Gegenfinanzierung gesucht werden müsse. "Aber wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg!", diese Botschaft hörten die Anwohner gern.
Die Bewohner aus Bergstraße, Gartenstraße und Nelkenstraße baten darum, alle Planungen für die Bauarbeiten sofort einzustellen. Vor Abschluss der Bauarbeiten in den Nachbarstraßen mache es keinen Sinn, weitere Baustellen zu schaffen. Auch diese Bitte hat Bürgermeister Kruse mitgenommen und eine Prüfung zugesagt.
Weitere Anwohnertreffen werden derzeit geplant.