Lehrte
Dienstag, 06.12.2022 - 17:28 Uhr

Feuerwehrfrauen fordern eigene Umkleide

Das Feuerwehrhaus im Schmiedeweg, Baujahr 1977, entspricht nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Feuerwehrhaus.Aufn.: Bastian Kroll

SIEVERSHAUSEN

Eine Lanze für die Gleichberechtigung wurde am gestrigen Sonnabend, 3. Dezember 2022, am Ende der Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Sievershausen gebrochen: "Wir müssen uns immer zusammen mit den Männern umziehen", monierte Sophie Gavric und forderte eine eigene Umkleide für die nunmehr sechs Frauen innerhalb der Ortsfeuerwehr. Während die Gesellschaft in allen Bereichen auf Gleichberichtigung poche, sehe sie dieses nicht bei der Feuerwehr Sievershausen. "Wir leben immerhin im Jahr 2022", betonte sie in Hinsicht auf die Zustände im Feuerwehrhaus, in dem scheinbar die Zeit stehengeblieben ist und fügte an: "Es ist an der Zeit, Feuerwehr neu zu überdenken."

 

Dass Führungskräfte tagein-tagaus, jahrein-jahraus auf Verbesserungen im Bestand, sei es bei Gebäuden oder Material pochen, ist weithin bekannt. Die Liste der offenen Punkte ist bei vielen Feuerwehren lang. Das aber eine Einsatzkraft als Betroffene sich selbst zu Wort meldet, ist eher die absolute Ausnahme. Zumal die 27-Jährige ist erst vor kurzem in die Feuerwehr eingetreten ist. Sie besuchte gestern ihre erste Jahreshauptversammlung und erhielt den Dienstgrad Feuerwehrfrau - und legte gleich den Finger in die Wunde.

 

Bekannt sind zum Teil untragbare Zustände bei vielen Feuerwehrhäusern. Nicht nur in Sievershausen, sondern in fast allen Bestandsbauten, die zumeist 50 Jahre oder älter sind. Damals war das Thema "Frauen in der Feuerwehr" noch nicht präsent. Dementsprechend wurden die Gerätehäuser geplant und gebaut. So auch 1977 das Feuerwehrhaus in Sievershausen.

 

Doch nicht nur was eigene Umkleiden oder Sanitäranlagen angeht, sind viele Häuser wortwörtlich "in die Jahre gekommen". Vielerorts, wie auch im Schmiedeweg in Sievershausen, teilen sich Einsatzkleidung und Fahrzeuge die Halle: Es wird sich schlicht direkt neben den Fahrzeugen umgezogen. Ein Umstand, den schon die Feuerwehrunfallkasse bemängelt. Separate Umkleiden gibt es auch für die Männer nicht. Gerade im Winter, wenn die Hallentore zum Ausrücken geöffnet werden müssen, ist auch die letzte "Gemütlichkeit" an den Haken für die Einsatzkleidung verschwunden. Dazu kommen dann noch Feuchtigkeit und Dreck, die zwangsläufig von außen mit reingetragen werden. Immerhin gegen die Abgase der Fahrzeuge wurden Absaugeinrichtungen nachinstalliert.

 

Lehrtes Bürgermeister Frank Prüße erklärte den Feuerwehrkräften während der Jahreshauptversammlung den Stand der Dinge zum Feuerwehrhaus-Neubau. Zunächst war er mit der Rüge von Ortsbrandmeister Thorsten Greve konfrontiert worden, dass der Feuerwehr-Übungsplatz, der eigentlich nur bis zur Eröffnung des Kita-Neubaus mit einer Interims-Kita belegt werden sollte, noch immer nicht wieder zurückgegeben wurde, obwohl die neue Kita 2021 eröffnet wurde. Frank Prüße: "Das habe ich selbst entschieden. Es war eine Güterabwägung, bei dem die Kita den Vorrang bekam". In jüngster Zeit seien fünf Kitas im Stadtgebiet eröffnet worden und noch immer seien 100 Plätze zu wenig vorhanden, erklärte Prüße. Da die Kinder älter werden, stehe in Zukunft ein weiterer Bedarf bei den Grundschulen und weiterführenden Schulen an. "Wir leisten uns hier in Lehrte alle Schulformen außer einer KGS, was ein erheblicher Standortvorteil ist", betonte Prüße. 

 

Der Neubau von Kitas, Schulen, Feuerwehrhäusern wie auch Themen der Mobilitätswende werden vor allem durch ein Amt im Rathaus begleitet: Dem Bauamt. "Da haben wir ein Kapazitätsproblem", so Prüße. Er warb zudem um Verständnis, dass bei den Planungen für neue Feuerwehrhäuser über einzelne Schritte wie beispielsweise Grundstücksankäufe nicht weiter informiert werde, um den Prozess nicht noch unnötig zu verlängern. Hinsichtlich des neuen Feuerwehrhauses in Sievershausen sagte er: "Da sind wir dran". Da auch in anderen Lehrter Ortschaften neue Feuerwehrhäuser gebaut werden müssen, komme auf die Stadt eine hohe Belastung zu. "Wir werden hier aber nicht ein Feuerwehrhaus nach dem anderen bauen, sondern parallel arbeiten", versprach er.

 

Derweil müssen die sechs Frauen in der Einsatzabteilung ohne eigene Umkleide leben. "Wir können ja die Haken der Frauen alle nebeneinander anbringen und dann mit einem Vorhang dafür sorgen, dass sie ihren eigenen Bereich bekommen", schlug Ortsbrandmeister Thorsten Greve vor. Für pragmatische Lösungen sind Feuerwehrleute zwar bekannt, doch diese Lösung meinte die Feuerwehrfrau sicherlich nicht. "Nun baut endlich das neue Feuerwehrhaus", brachte ein Kamerad schließlich deutlich die Forderung der Sievershäuser Feuerwehrkräfte auf den Punkt.