Burgdorf
Dienstag, 19.09.2023 - 10:59 Uhr

Atemberaubender Start der Burgdorfer Schlosskonzerte mit dem Trio Orelon

Das Trio Orelon entzückte das Burgdorfer Publikum.Aufn.:

BURGDORF

Das Erlebnis eines klassischen Live-Konzertes verhält sich zum Konsum einer Musikkonserve wie der Besuch eines Drei-Sterne-Restaurats zum beiläufigen Verzehr einer Tiefkühlpizza. Ein Paradebeispiel für diesen Vergleich war am vergangenen Sonntag, 17. September 2023, beim Auftaktkonzert zur neuen Saison der Burgdorfer Schlosskonzerte zu erleben. Der Kulturverein Scena hatte das Glück des Tüchtigen, das Trio Orelon kurz vor seinem großen Durchbruch mit ersten Preisen in Melbourne und beim Münchner ARD-Musikwettbewerb engagiert zu haben - Preise, die vom Burgdorfer Publikum voll umfänglich bestätigt werden konnten.

 

Vom ersten Ton von Beethovens c-Moll Trio an war man glücklicher Gefangener einer hochgradig differenzierten Interpretation, die im Menuett mit fast zornigen Akkord-Abrissen und mit intelligent ausformulierter Dynamik überraschte.

 

"Wie in verlassenen Räumen kann hier Unerlaubtes geschehen" schrieb Wolfgang Rihm über seine knapp 40 Jahre alten Versuche über Klaviertrio. Und so führte das Trio Orelon in Rihms "Fremde Szene iii" durch überraschende Klangräume, in denen zwischen zartesten Flageoletts und markanten Einwürfen immer wieder Versatzstücke aus der Hand Beethovens und Schumanns aufblitzten.

 

Mit Schuberts Es-Dur Trio galt es nach der Pause für das Ensemble wie das Publikum einen Gipfel der Klaviertrioliteratur zu bezwingen. Allein die sinfonischen Dimensionen dieses Spätwerks fordern von beiden ein gehöriges Maß an Kondition, um die riesigen Spannungsbögen zwischen unfassbar schönen Melodien und jähen Abgründen zu halten. Kurz: das Unterfangen gelang auf ganzer Linie, von den zart schmelzenden Cello-Kantilenen eines "Seufzers, der sich bis zur Herzensangst steigern möchte", über die stupende Tritt- und Ausdruckssicherheit der Geigerin bis zur virtuosen Beherrschung des Pianisten etwa der Tonrepetitionen im Finalsatz. Dabei wirkte dieses musikalische Monument nie monumental, sondern in seiner ganzen Vielfalt ausgelotet und erfasst.

 

Als Geburtstagsständchen für zwei Konzertbesucherinnen wurde die charmante Sycopation von Fritz Kreisler zugegeben. Seinen Namen hat das Trio dem Esperanto-Begriff für "Ohr" entlehnt. Die Ohren des Publikums glühten jedenfalls nach diesem denkwürdigen Konzertabend.