200 Bürger kommen zur Informationsveranstaltung zur geplanten Neubautrasse
BURGWEDEL/ISERNHAGEN/HANNOVER
Wer sich dafür entscheidet, die deutsche Nationalmannschaft ins Achtelfinale – oder leider im aktuellen Fall, nicht ins Achtelfinale – einziehen zu sehen, der muss ein dringliches Anliegen haben. Etwa 200 Bürger tauschten gestern Abend Fußball gegen Trasse. Die Stadt Burgwedel hatte in die Aula des Gymnasiums zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
Im Kern ging es dabei um den aktuellen Stand zur möglichen Neubautrasse, dem bisherigen Planungsprozess sowie den neuesten Erkenntnissen aus der Infoveranstaltung der Deutschen Bahn AG, die erst wenige Stunden vorher im Kongresszentrum Hannover stattfand.
"Wir wollen alle auf den gleichen Wissensstand bringen und in den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern gehen", so Burgwedels Bürgermeisterin Ortrud Wendt. An ihre Seite hatte sie sich Isernhagens Bürgermeister Tim Mithöfer geholt, der unter den anwesenden Bürgern etwa die Hälfte aus Isernhagen begrüßen konnte. Auch Burgwedels Bauamtsleiter Oliver Götze sowie die Bürgerinitiative "Raumwiderstand" und das Bürgerforum Burgwedel waren vor Ort.
Die geplante Neubautrasse, in der gestrigen Diskussion als "weinrote Variante“ beschrieben (basierend auf den Verlaufsskizzen, die im Internet einsehbar sind, Homepage der Stadt Burgwedel), würde von Norden kommend in Großburgwedel westlich der Autobahn abzweigen und zwischen dem Mühlenfeld und Isernhagen FB die K113 queren, unter anderem nahe des Gewerbegebietes, der Firma Rossmann, einiger Bestandsgebäude und dem geplanten Klinikumneubau.
Diese Variante wird von den Bürgerinitiativen als auch von der Stadt Burgwedel und der Nachbargemeinde Isernhagen stark kritisiert. Auch das Land Niedersachsen lehnt in einem Positionspapier den Neubau der Trasse ab. Vielmehr wird der Ausbau der Bestandstrasse favoritisiert, die "pinke Variante". Diese wird den Hastbruch durchkreuzen, einer der größten zusammen hängenden Gründlandkomplexe in der Region Hannover. Auch hier wird man sich auf lange Bautätigkeiten, immense Kosten, möglicherweise sehr hohe Lärmschutzwände, Gleiserweiterungen und anderes einstellen müssen. Das wohl "kleinere Übel", so eine besorgte Bürgerin.
Die Entscheidung, ob eine Neubautrasse kommt oder die Bestandsstrecke ausgebaut wird, fällt auf Bundesebene. Bislang gab es eine leichte Entwarnung, denn die "weinrote Variante" wird derzeit auch von der Bahn nicht favoritisiert, da sie nicht alle Anforderungen erfüllt. "Ein positives Signal und eine vorsichtige Entspannung", so bezeichnete Christina Wathling-Peters von der BI "Raumwiderstand" diese Entwicklung. "Wir haben Zeit gewonnen für unsere Arbeit, aber werden wachsam bleiben."
Denn am Ende ist es eine "politische Entscheidung auf Bundesebene", so Tim Mithöfer, "auf kommunaler Ebene kann Widerstand geleistet werden, aber leider gibt es hier keine Entscheidungsbefugnis". Doch auch von Seiten des Bundes gab es erste Unterstützung. Burgwedels Bundestagsabgeordneter Hendrik Hoppenstedt äußerte sich über ein Schreiben - eine persönliche Anwesenheit war aufgrund der Plenarwoche nicht möglich - zum Bahnprojekt. "Nach derzeitigem Sachstand würde ich nicht für einen Trassenneubau stimmen", so der Politiker.
Im Moment läuft die Vorplanungsphase, die Ende Dezember abgeschlossen sein soll. Danach geht die Vorlage zum Eisenbahnbundesamt und zum Bundesministerium für Verkehr und Digitales. Im Januar/Februar startet die zweite Planungswerkstatt und im März folgt die Dritte. Bei dieser können die Kommunen Kernforderungen zu den Planungsvarianten formulieren. Im April 2023 werden diese Forderungen geprüft und es werden Kostenschätzungen vorgenommen. Etwa im Mai 2023 geht der Bericht mit der Vorzugsvariante an das Bundesministerium. Vor der Sommerpause, im Juli 2023 wird im Bundestag der Beschluß gefasst. Im August erfolgt dann die Entwurfsplanung und im Herbst nächsten Jahres wird dann schlußendlich die Deutsche Bahn zur Umsetzung des Projektes beauftragt.
Der Ausbau der Bestandstrasse wird mit etwa 15 Jahren veranschlagt, ein Neubau könnte im Jahr 2050 fertig gestellt sein.
Fotos: Dieter Siedersleben & Dana Noll
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