Burgdorf
Donnerstag, 08.09.2022 - 19:53 Uhr

Vier Monate ohne Wasser: Schwimmer der TSV Burgdorf sitzen auf dem Trockenem

Ulla Hansen und Gottfried Krauel vor dem geschlossenem Hallenfreibad in Burgdorf, in dem frühestens im Januar wieder Schwimmsport betrieben werden kann.Aufn.: Bastian Kroll

BURGDOREF

Wortwörtlich auf dem Trockenem sitzen die Mitglieder der Schwimmabteilung der TSV Burgdorf: "Uns fehlt einfach das Wasser", erklärt der Vorsitzende der Schwimmsparte, Gottfried Krauel. Denn: Das Hallenfreibad in Burgdorf ist wegen Renovierungsarbeiten noch voraussichtlich Januar 2022 geschlossen.

 

Eigentlich waren die Arbeiten im Burgdorfer Bad in der Straße Am Nassen Berg von Mai bis zu den Herbstferien geplant. Ungeplante Verzögerungen sorgten dazu, dass der Start erst im Juli fiel. Um den Ausfall der Hallenzeiten in Burgdorf zu kompensieren, konnten Schwimmzeiten im Freibad Hänigsen organisiert werden. Doch dieses geht am 5. Oktober in die Winterpause. So können die TSV-Mitglieder von Oktober bis Januar nicht schwimmen. "Und ob es bei der derzeitigen Lage wirklich bei Januar bleibt, oder es später wird, kann heute niemand sagen", so der Abteilungsvorsitzende.

 

Selbstverständlich würde der Verein sein Angebot fortführen. Rund 200 Mitglieder hat die Sparte, rund 120 bis 150 Mitglieder sind jede Woche montags, mittwochs und donnerstags im Wasser. Zudem: "Wöchentlich erreichen uns fünf bis zehn Anfragen für Schwimmlehrgänge", weiß Mitgliederwartin Ulla Hansen. Sie kann die Interessenten dann nur vertrösten.

 

Beide wissen um die fehlenden Schwimmfähigkeiten von Kindern in der heutigen Zeit: Die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns und Einschränkungen führte dazu, dass - auch ältere - Kinder nun die grundlegenden Schwimmfähigkeiten nicht besitzen. Ein großer Nachholbedarf drückt auf die Vereine. Nicht nur in Burgdorf, sondern in der gesamten Region sind die Trainingszeiten daher rar. Auch, weil in der Vergangenhiet vorhandene Kapazitäten zurückgebaut wurden. Wie auch in Burgdorf, wo einst das 15-Meter-Becken noch für Vereins- und Schwimmsport genutzt werden konnte, das Becken aber nach dem Umbau, an einem Ende mit flachem Wasser, nicht mehr tauglich ist: "Hier können wir keine Rollwende machen", weiß Gottfried Krauel, der wie Ulla Hansen zu den Haupttrainern des Vereins gehören. Aber selbst wenn das Freibad sporttauglich wäre: "Dann wäre hier im November Ende", erklären die beiden.

 

"Wir versuchen die ganze Zeit, irgendwo noch Trainingszeiten zu ergattern", erklärt Gottfried Krauel. Glück hatten sie bei der Lehrter Bädergesellschaft: Die TSV-Schwimmer können nun von Oktober bis Januar im Lehrter Hallenbad schwimmen. Die vorhandene Kapazität: "Einmal in der Woche, am Sonnabend, für eine Stunde." Auch wenn von den wöchentlichen Nutzern der Schwimmangebote des Vereins einige am Sonnabend keine Zeit haben, so rechnet er mit regelmäßig 40 Schwimmern, die das Angebot wahrnehmen wollen würden. Dabei passen aber auf eine Bahn gerade mal so zehn Schwimmer. Dabei reiche es, wenn es mal drei bis sechs Wochen kein Training gebe, um den Trainingsstand zu verlieren. Immerhin starten auch Erwachsene - die sogenannten Masters - bei Kreis-, Bezirksmeisterschaften. Gerne würden die Burgdorfer auch auf Landesebene antreten.

 

Den Mangel zu verwalten, daran sind die beiden Vorstandsmitglieder mittlerweile gewohnt. Mit einer App werden die Schwimmzeiten bekannt gegeben und anschließend vergeben. Nur wer sich anmeldet, kann am Training teilnehmen. "Mal eben kurzfristig zum Schwimmtraining kommen, das gibt es schon lange nicht mehr", erklärt Ulla Hansen. Sie bietet, auch wenn es in Burgdorf kein Wasser gibt, für Kinder ein Trockentraining auf der Liegewiese des Freibades an. Auch gibt es schon Mal Training in der Gymnasium-Sporthalle am Berliner Ring. Aber auch das kann das echte Schwimmen nicht ersetzen. "Bis 2017 hatten wir hier viel Kontinuität, seit 2019 sind wir nur noch am Rotieren", erklärt Gottfried Krauel.

 

Der Bedarf bei den Schwimmkursen ist besonders groß. Zudem erkennen beide, dass Kinder weniger Fähigkeiten zum ersten Schwimmkurs mitbringen als von 10 oder 15 Jahren. Viele waren noch nie in einem Freibad. "Da fangen wir erstmal mit einer Wassergewöhnung an, ehe wir überhaupt ans Schwimmenlernen denken können. Das kostet alles Zeit, die wir uns auch gerne nehmen und entsprechend jedes Kind individuell fördern", so Ulla Hansen. Aber: "Wenn nach zehn Übungseinheiten das Seepferdchen abgelegt wird, dann heißt das noch lange nicht, dass das Kind schwimmen kann", betont der Abteilungsvorsitzende. Hierfür müsse weiterhin trainiert werden und sollte mindestens das Deutsche Schwimmabzeichen in Silber abgelegt werden. Erst dann sei genügend Schwimmsicherheit vorhanden.

 

Gottfried Krauel betont, dass das Schwimmenkönnen zur Daseinsvorsorge gehöre. "Es lauern echte Risiken im Wasser", weiß er. Vergleichbar wäre es, wenn bei Kindern auf die Verkehrserziehung verzichtet werden müsse und Kinder ohne entsprechendes Wissen im Straßenverkehr teilnehmen würden. Beides sind lebensnotwendige Dinge, die einfach erlernt werden müssen.

 

"Wir hoffen, dass die Bauarbeiten hier so schnell wie möglich beendet werden", so die beiden. Bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten im Hallenbad sehen sie derweil kein Verfehlen beiden Betreibern: "Es hat hier keiner Mist gebaut", betonen sie in diesem Zusammenhang. Eine Sanierung müsse nun mal vorgenommen werden. Auch wenn diese nun in die Wintermonate falle, in denen es keine Kapazitäten in den Freibädern gebe.

 

Doch selbst wenn im Januar alles wieder so ist, wie es vorher war: "Der Bedarf wird immer größer, aber das Angebot immer kleiner", fürchtet Gottfried Krauel. Bei dieser Entwicklung stehe Burgdorf nicht allein, weiß er. Denn auch in anderen Kommunen würden ebenso Kapazitäten für die Schwimmer fehlen. "Langenhagen hat es da richtig gemacht und im Hallenbad einen abgetrennten Bereich für den Schwimmsport", erklärt er. Dieses ist aber keine Hilfe hier vor Ort, wo den Schwimmern der TSV nur eine Wahl bleibt: Den Mangel weiterhin so gut es geht verwalten.