Wedemark
Donnerstag, 18.06.2020 - 17:23 Uhr

Sind Väter die Verlierer der Corona-Krise?

WEDEMARK

Nicht mehr der Job, sondern der Nachwuchs steht bei Männern derzeit ganz oben auf der Stress-Skala, das sagt ein forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse KKH. Mütter seien allerdings in absoluten Zahlen stärker belastet, weil sie in den meisten Fällen die Hauptlast der Erziehung tragen, ist sich die Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Wedemark, Silke Steffen-Beck, sicher, insbesondere als Alleinerziehende zu Corona-Zeiten.

 

Bei Männern stehe laut forsa-Umfrage, die die Kaufmännische Krankenkasse KKH in Auftrag gegeben hat, aktuell nicht mehr der Job, sondern der Nachwuchs ganz oben auf der Stress-Skala. 42 Prozent aller befragten Väter mit Kindern unter 18 Jahren geben aktuell an, wegen der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder unter 18 Jahren unter Druck zu stehen. Die Ausbildung oder den Beruf bewerten dagegen nur noch rund ein Drittel der Väter (36 Prozent) als Stressfaktor. Vor der Corona- Pandemie war es noch der berufliche Alltag mit 47 Prozent.

 

"Gar nicht verwunderlich zeigt das Ergebnis, dass bei Müttern die Krise hingegen keine Veränderungen hinsichtlich der Stressfaktoren verursacht hat", sagt die Gleichstellungsbeauftragte Silke Steffen-Beck. "Für Mütter hat sich doch während Corona nichts grundsätzlich verändert, sondern nur verschlimmert". Für die Hälfte von ihnen ist, laut Umfrage, nach wie vor die Kindererziehung die größte Belastung im Alltag und für ein Drittel ist es die berufliche Tätigkeit.

 

"Die Aufgaben, die darüber hinaus erledigt werden müssen im Haushalt, werden überwiegend in den meisten Fällen bisher und weiterhin von Frauen bewältigt", gibt Steffen-Beck zu bedenken.

 

"Was mir fehlt, ist der Blick auf die, die allein damit sind. Wer misst denn den Stress der Alleinerziehenden?" fragt Steffen-Beck. "Der Begriff allein macht per se deutlich, dass die beschriebenen Stressoren ausschließlich bei einer Person liegen".

 

Laut Statista liegt in Deutschland der Anteil der alleinzeihenden Väter bei 10 Prozent und der Mütter bei 90 Prozent und die stünden mit allen Aufgaben der Einkommenssicherung, Erziehung, Betreuung, homeoffice und home-schooling allein da und es bestehe keine Möglichkeit der partnerschaftlichen Aufteilung der Aufgaben. "Psychisch belastenden Situationen auszuweichen, sich einmal allein in Ruhe abzulenken beziehungsweise zur Ruhe zu kommen, ist für Alleinerziehende ohne gute Vernetzungsstruktur mit Unterstützung aus der Familie oder Freundschaften kaum denkbar", weiß Steffen-Beck zu berichten.

 

Väter und Mütter wünschen sich laut forsa-Umfrage gleichermaßen finanzielle Unterstützung in dieser Zeit. Vermutlich bei Alleinerziehenden wesentlich verstärkter, denn laut Statista lag 2018 die Armutsgefährdungsquote für Einelternfamilien am Höchsten bei insgesamt 41,5 Prozent. Die Realität zeige deutlich, dass gerade die finanzielle Sicherung insbesondere für Alleinerziehende ein eigener Stressfaktor ist, so die Gleichstellungsbeauftragte. Laut Statista nehme die Bereitschaft zur regelmäßigen Unterhaltszahlung von Vätern zunehmend ab, wobei deren Experten-Schätzung davon ausgeht, dass mindestens 60 Prozent der Männer dazu finanziell in der Lage wären. Wurden in 2008 noch 805 Millionen Euro an Unterhaltsvorschüssen an Alleinerziehende bezahlt, wovon 165 Millionen Euro von den Vätern rückgezahlt wurden, sind es in 2018 2.103 Millionen Euro, von denen lediglich 270 Millionen Euro rückgezahlt wurden. "Diese fehlende Zahlungsmoral geht nicht nur zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern versetzen die Mütter ihrer Kinder in eine unklare Existenslage und verpflichten sie zum Gang zum Amt", kritisiert Steffen-Beck.

 

Mit dem einmaligen Kinderbonus über 300 Euro kommt der Staat, neben anderen Leistungen, dem Wunsch nach finanzieller Unterstützung den Familien entgegen. Der Kinderbonus wird allerdings bei Alleinerziehenden hälftig auf den Unterhalt des zahlenden Elternteils angerechnet. "Fraglich an der Stelle ist, warum das Geld, dass zur Unterstützung gedacht ist und die Konjunktur ankurbeln soll, nicht auch da voll ankommt, wo das Kind lebt?" stellt Steffen-Beck kritisch heraus. "Die Anschaffung des neuen Laptops beispielsweise, der das home schooling ermöglicht, muss finanziell auch gestemmt werden. Zu Recht haben die Alleinerziehenden fest mit dem Geld gerechnet".

 

Die Gleichstellungsbeauftragte Silke Steffen-Beck informiert, dass der Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter, VAMV, schnell reagiert hat und auf seiner Homepage einen entsprechenden "Protest"-Musterbrief an das Bundesministerium Familie, Senioren, Frauen und Jugend abgelegt hat. Dieser ist unter Opens external link in new windowwww.vamv.de/politische-aktionen zu finden.