Senioren nehmen vom zweiten Workshop "Fit im Auto" viel mit
WEDEMARK
Können Senioren ihr eigenes Fahrverhalten richtig einschätzen? Wie lang ist ihre Reaktionszeit? Kennen sie sich im Straßenverkehrsrecht aus? Das sind Fragen von Belang, wenn Seniorenbeirat, Verkehrswacht und Fahrschule Kehlert-Buckel ihren Workshop "Fit im Auto" für Senioren in Theorie und Praxis anbieten.
Neun Frauen und drei Männer - einer Ende 60, sechs von 71 bis 75 Jahre alt und fünf 84 und älter - erhielten erst Theorieunterricht bei Fahrschulchef Carsten Leutz und fuhren dann mit den Fahrlehrern Michael Anders und Shahab Semuki durch die Wedemark. "Es war alles dabei, von Reaktionszeit testen bis Kurvenverhalten", berichtet Fahrlehrer Semuki. Ihm und seinem Kollegen ist vor allem aufgefallen, dass ihre "Fahrschüler" sich beim "Schulterblick" nicht ausreichend drehen. "Das ist aber gar nicht unbedingt nur ein Problem von Älteren. Das Problem haben wir bei unsern jungen Fahrschülern auch", betont Michael Anders. Er ist aber sicher, dass die Workshopteilnehmer des Seniorenbeirates jetzt sensibilisiert sind.
Nur in einem Fall musste der Fahrlehrer massiv auf das Einhalten der Geschwindigkeitsbeschränkung achten. "Der Herr fuhr innerorts 67 km/h, meinte aber voller Überzeugung zu mir, 'das Auto macht das, ich nicht'". Ansonsten waren die Fahrlehrer mit dem Fahrverhalten und den Reaktionen ihrer "Schüler" sehr zufrieden. "Und da, wo wir Anmerkungen gemacht haben, werden die Senioren garantiert etwas ändern. Sie waren sehr motiviert", lobt Michael Anders. Der Fahrlehrer betont, dass er mit allen sieben Kandidaten, die in seinem Fahrschulwagen gesessen hätten, auch in deren Wagen mitfahren würde. "Perfekt ist niemand", das wissen wir alle, so Anders. Er spricht sich grundsätzlich für eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit im Alter aus. "Vielleicht ab 70, anfangs alle drei Jahre, ab 80 dann jährlich", lautet seine Überlegung. Dahinter steht die Tatsache, dass zu einem freiwilligen Training wie diesem nur diejenigen kommen, die es eigentlich nicht nötig haben, aber man nicht die anderen erreiche. Das bestätigt auch sein jüngerer Kollege Shahib Semuki: "Die, die eine Schulung durch erfahrene Fahrlehrer und die Verkehrswacht wirklich brauchen würden, nehmen ein solches Angebot wie dieses von Seniorenbeirat nicht wahr." Das sei sehr bedauerlich. Dennoch sind beide, ebenso wie Jürgen Maas, der früher Polizist war und sich jetzt im Ruhestand ehrenamtlich bei der Verkehrswacht engagiert, überzeugt, dass "Fitness im Straßenverkehr nicht altersabhängig ist". Jürgen Maas hatte schon einen 97-Jährigen im Fahrtraining, der ihm mittels Personalausweis bewies, dass er wirklich so alt war, weil Maas das gar nicht glauben wollte. Und es gebe andere Autofahrer, die wesentlich jünger, aber nicht mehr fahrtüchtig seien. Maas spricht sich dafür aus, alle Autofahrer altersunabhängig alle fünf Jahre einer Führerscheinprüfung zu unterziehen, wie es für Lkw-Fahrer und beispielsweise auch in Japan Usus ist. Er spricht sich allerdings gegen Pauschalverurteilungen und für Individualprüfungen aus.
Gisela Plumhoff ist eine der 12 Teilnehmenden bei dem aktuellen Workshop "Fit im Auto" des Seniorenbeirats am Mittwoch, 18. September, gewesen. Sie hat ihren Führerschein 1967 gemacht und ist seitdem unfallfrei gefahren. Dennoch hat sie die Gelegenheit zu diesem Training gerne genutzt: "Es gibt viele Neuerungen im Verkehr wie den roten Fahrradstreifen in Bissendorf, wo ich nie ganz sicher war, wie ich mich richtig verhalte. Oder das Verhalten, wenn plötzlich ein Reh vor mir auf der Straße auftaucht. Das konnte ich jetzt alles mal nachfragen. Aber am meisten hat mir die Praxis gebracht, wie das Einparken üben und die Gefahrenbremsung auf dem Gelände des MTV Mellendorf. Man muss sich wirklich überwinden, um das Bremspedal voll durchzutreten." Sie habe wirklich einiges mitgenommen und sei froh, dass sie mitgemacht habe, betont die 75-jährige Mellendorferin.