Burgdorf
Sonnabend, 11.11.2023 - 16:56 Uhr

Fahrradcodierung und Sattelschoner gegen häusliche Gewalt

Die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten in der Region Hannover ruft zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf.Aufn.: Region Hannover, Iris Terzka

BURGDORF

Anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen lädt der Arbeitskreis Häusliche Gewalt in diesem Jahr zu einer besonderen Aktion ein. Gemeinsam mit dem Präventionsteam der Polizeiinspektion Burgdorf findet am Freitag, 24. November 2023, von 14 bis 16 Uhr Uhr auf dem Spittaplatz eine kostenlose Fahrradcodierung statt, bei der die Arbeitskreismitglieder Sattelschoner verschenken. Auf dem leuchtend pinkfarbenen Fahrradsattelschoner ist deutlich lesbar die neue verkürzte Telefonnummer des bundesweiten Hilfetelefons 116016 und der Hinweis auf die Website Opens external link in new windowwww.HIlfetelefon.de.

 

"Häusliche Gewalt ist keine Privatsache. Unsere Aktion ist ein Präventionsbeitrag zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Wir wollen auf Hilfsangebote hinweisen und möglichst viele Menschen im öffentlichen Raum erreichen. Und im Novemberregengrau ist der pinke Sattelschoner ein gut sichtbares Instrument dazu", sagt Gleichstellungsbeauftragte Petra Pape aus Burgdorf.

 

"Eine Anmeldung zur Fahrradcodierung ist nicht erforderlich, aber ein gültiger Personalausweis, das Fahrrad und ein Kaufbeleg, wenn vorhanden, müssen mitgebracht werden", erläutert Stefanie Eckler von der Polizei.

 

Zahlen und Daten

Die bundesweite kriminalstatistische Auswertung der Daten zur Partnerschaftsgewalt und innerfamiliärer Gewalt im Jahr 2022 besagt, dass die Gewalt in bestehenden und ehemaligen Partnerschaften in Deutschland in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. "Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von Häuslicher Gewalt. Jede Stunde werden mehr als 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten", sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus bei der Vorstellung des Lagebilds Häusliche Gewalt des Bundeskriminalamtes.

 

Die Anzahl der Opfer häuslicher Gewalt lag im Jahr 2022 bei 240.574 und ist damit im Hellfeld um 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um 13,0 Prozent im Fünfjahresvergleich angestiegen. Etwas mehr als die Hälfte der Opfer lebte mit der tatverdächtigen Person in einem gemeinsamen Haushalt. Opfer von häuslicher Gewalt waren zu 65,6 Prozent (157.818) durch Partnerschaftsgewalt betroffen, zu 34,4 Prozent durch innerfamiliäre Gewalt (82.729 Opfer). Betroffen sind Mädchen und Frauen (71,1 Prozent) sowie Jungen und Männer (28,9 Prozent) aller Altersklassen. Besonders oft sind weibliche Personen zwischen 30 und 40 Jahren betroffen. Oft kommt es zu einfachen Körperverletzungen (135.502 Opfer, 56,3 Prozent), vielfach aber auch zu psychischer Gewalt durch Bedrohung, Stalking und Nötigung (57.376 Opfer, 23,8 Prozent) bis hin zu schweren und schwersten Delikten.

 

Bundesweit wurden 262 Personen Opfer häuslicher Gewalt mit tödlichem Ausgang. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden in Niedersachsen im vergangenen Jahr 17 Frauen im Kontext häuslicher Gewalt getötet, 29 versuchte Tötungen wurden registriert. Oftmals geht einem Femizid häusliche Gewalt voraus. Das zeigt sich auch in den Daten der polizeilichen Kriminalstatistik in Niedersachsen.

 

Auch in der Region Hannover gab es einen Anstieg der Fälle. Im Berichtsjahr 2022 erhielt der BISS-Verbund Region Hannover Kenntnis von insgesamt 1.674 Fällen häuslicher Gewalt, davon 1.413 Frauen und 261 Männer. In mehr als der Hälfte der von der BISS betreuten Kommunen haben die Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen, in vielen Kommunen sogar mehr als 30 Prozent. Im Dunkelfeld ist von einem weit höheren Grad an Erfahrung mit Partnerschaftsgewalt auszugehen bestätigen die Mitarbeiterinnen aus den Beratungsstellen in den Kommunen vor Ort.

 

Daten in Burgdorf

"In Burgdorf stellen wir ebenfalls einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen um 36 Prozent fest", sagt Franziska Burbulla, Leitung der AWO-Koordinierungs‐ und Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt und Mitglied des BISS‐Verbundes Region Hannover. Im Jahr 2022 seien der BISS 60 Vorfälle aus Burgdorf gemeldet worden. Im Vorjahr waren es 44. "Und auch in 2023 ist die Tendenz bisher ein weiterer drastischer Anstieg der Vorfälle, wobei auch die Heftigkeit der Gewalt weiter zunimmt", fährt Burbulla fort. Immer öfter komme es zu schweren Körperverletzungen oder Angriffen auf das Leben der Betroffenen.

 

Mit zunehmender Digitalisierung und veränderten Kommunikationswegen verlagern sich auch Phänomene häuslicher Gewalt von der analogen in die virtuelle Welt. So sind beispielsweise die Fälle des Stalkings unter Nutzung des Internets bei Häuslicher Gewalt in den vergangenen Jahren um 57 Prozent (2018: 912; 2022: 1.432) angestiegen. (Quelle: Bundeskriminalamt, Häusliche Gewalt Bundeslagebild 2022)

 

Die Idee zu den Sattelschonern kommt aus der Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten in der Region. Regionsweit werden 10.000 Sattelschoner verteilt. Finanziell gefördert wird die Aktion vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung im Rahmen des Programms CEDAW-Gleichstellung sichtbar machen.

 

Quellen: Bundeskriminalamt, Häusliche Gewalt Bundeslagebild 2022 ; Jahresbericht BISS-Verbund Region Hannover.