Wedemark
Freitag, 06.09.2024 - 18:01 Uhr

Forellenhof ist fit für die Zukunft

Bürgermeister Helge Zychlinski (rechts) informierte sich bei Fischwirt Hartmut Pflüger.Aufn.: Gemeinde Wedemark

HELLENDORF

70 Tonnen Fisch verkauft Familie Pflüger pro Jahr in ihrem Laden in Hellendorf und auf den Märkten. Besonders gefragt sind die hausgeräucherten Forellen, Aale und Lachse. Heiß oder kalt räuchern – Hartmut Pflüger beherrscht alle Techniken. Die Rezepte werden allerdings nur in der Familie weitergegeben, erfuhr Bürgermeister Helge Zychlinski auf seiner Sommertour.

 

"Sie dürfen gerne mit anfassen, ich schmeiße das eine Ende vom Netz rüber, dann ziehen wir es gemeinsam nach vorne." Hartmut Pflüger spannt Bürgermeister Helge Zychlinski gleich mit ein. Dieser besuchte den Forellenhof in Hellendorf im Rahmen seiner diesjährigen Sommertour. Hinter die Kulissen schauen, hören, wo der Schuh drückt, ob die Gemeinde möglicherweise Hilfestellung leisten kann – das steht hinter den Sommertourterminen des Bürgermeisters und verhalf ihm auch auf dem Forellenhof zu ganz neuen Erkenntnissen. Natürlich hat er die handgeräucherten Forellen von Pflüger schon gegessen und auch andere Fischspezialitäten probiert, doch eingelegte Bratforelle nach Omas streng gehütetem Geheimrezept war noch nicht dabei.

 

Und dem Bürgermeister war auch nicht bewusst, dass Hartmut und Sandra Pflüger und Sohn Fynn hier wesentlich mehr Fische verarbeiten und auf den Märkten und Veranstaltungen in der Region verkaufen als sie selbst produzieren können. Hier sind nämlich schon allein durch den knappen Wasserzufluss in die Teiche Grenzen gesetzt. Und der Grundwasserstand ist in diesem Jahr hoch. Also wird nur ein kleiner Teil der im Jahr benötigten rund 70 Tonnen Forellen – etwa fünf Tonnen - vor Ort gezogen und die anderen zugekauft, teils aus dem Harz, ebenso wie die Saiblinge, teils aus Dänemark. Manchmal kleine in einer Größe von 15 bis 18 Zentimetern, manchmal auch "fertige". Hartmut Pflüger bevorzugt, wenn er schon zukaufen muss, eigentlich Forellen aus der Region und ähnlicher Haltung wie seiner. "Die aus dem Harz sind langsamer gemästet als die dänischen, das merkt man. Aber die dänischen haben wiederum einen größeren Fettanteil, das ist besser zum Räuchern. Dafür beißen die Harzer besser im Angelteich", erklärt der Forellenzüchter seinem aufmerksamen Zuhörer Vor- und Nachteile. Bürgermeister Helge Zychlinski bekommt an diesem Nachmittag eine Menge Informationen: Über Wasser, das, wenn es direkt aus der Erde kommt, wenig Sauerstoffanteil hat, und daher belüftet werden muss. Vor allem aber, dass es vor allem im Sommer viel zu wenig Wasser gibt, nur 30 bis 40 Liter pro Sekunde. Nicht nur Forellen hat Pflüger in seinen Zucht- und Angelteichen, sondern auch Karpfen. Die brauchen weniger Wasser, dafür aber wärmeres und mehr Fläche zum Wachsen. Der Bürgermeister erfährt, dass der Ruf vom modrig riechenden und schmeckenden Fisch ein lang überholtes Vorurteil ist. Pflüger schwört auf den feinen, eigenen Karpfengeschmack und bietet ihn in zwei Millimeter breite Streifen geschnitten entgrätet bratfertig auf den Märkten an. Die Kunden hat er damit längst überzeugt. Diese Delikatesse ist ebenso nachgefragt wie der selbst geräucherte Lachs, die Forellen und Saiblinge.

 

Auch Seefisch kann man im Laden auf dem Forellenhof und an den Verkaufswagen auf den Märkten bekommen, und zwar superfrisch direkt aus Island mit dem Flugzeug angeliefert. "Früher haben wir unseren Seefisch aus Bremerhaven bekommen, aber der isländische, der immer dienstags eingeflogen wird, ist noch frischer", berichtet Hartmut Pflüger, der den traditionsbewussten landwirtschaftlichen Familienbetrieb in den letzten 40 Jahren auf die Fischwirtschaft umgestellt und immer mehr spezialisiert hat. Und zwar so, dass er fit für die Zukunft ist: Sohn Fynn wird den Betrieb, der mit der Forellenzucht, der Räucherei, dem Direktverkauf und der Vermietung von Gästezimmern und Angelteichtickets mehrere Standbeine hat, im Sommer nächsten Jahres übernehmen. Seine Mutter Sandra wird weiter voll mitarbeiten. Vater Hartmut sich dann langsam rausziehen und wieder mehr Zeit für sein Hobby, das Tontaubenschießen, haben. Der jüngere Sohn Hendrik hat Koch gelernt und zur Zeit noch nicht die Absicht, auf dem Forellenhof, zu dem ja auch das verpachtete Restaurant Forellenstübchen gehört, miteinzusteigen.

 

"Ich habe meinen Söhnen freigestellt, was sie werden wollen. Fynn hat sich aus freien Stücken für die Fischwirtschaft und den Familienbetrieb entschieden", berichtet Hartmut Pflüger dem Bürgermeister. Er selbst hatte eine Anregung seines Großvaters aufgegriffen, dass auf dem Gelände der 1962 stillgelegten Wassermühle – das Wasserrad funktioniert zwar nicht mehr, ist aber noch vorhanden – ja noch "ein bisschen Wasser" laufe. Dieser hatte damals angefangen, wieder neue Teiche anzulegen. Pflügers Eltern hatten Ende der sechziger Jahre einen Teil der Gebäude, da wo heute die Gästezimmer für die Angler untergebracht sind, an ein Altenheim vermietet. Als dieses 1981 nach Hohenheide umsiedelte, ergab sich die neue Option für diesen Teil des Hofes, die von Anfang an sehr gut angenommen wurde. "Ich habe ein einziges Mal Werbung für die Angelwochenenden gemacht. Danach war das ein Selbstläufer. Wir haben sehr viele Stammgäste, die immer wiederkommen und Freunde mitbringen", erfährt Bürgermeister Helge Zychlinski von Pflüger. Ob dieser Geschäftszweig noch ausgebaut werden soll, diese Entscheidung will Pflüger der nächsten Generation überlassen. Bauvorhaben auf dem Hof und für den Betrieb – das sei allerdings ein Thema, wo das Unternehmen auf eine gute Kooperation mit der Gemeinde angewiesen sein werde. Immerhin liegt der Forellenhof im Außenbereich zwischen Hellendorf und Meitze und für Bauvorhaben gibt es strenge Vorschriften. "Unsere Fachleute beraten da gerne", versicherte der Bürgermeister, der auch für den an dieser Stelle nicht zu realisierenden Glasfaseranschluss einen Alternativvorschlag unterbreitete: "Erkundigen Sie sich mal nach Starlink" Dieses satellitengestützte System sei mittlerweile für viele Einzelgehöfte abseits der Dörfer eine praktikable Lösung.