Weitere Maßnahme an der Fuhse bei Dedenhausen umgesetzt - Revitalisierungsstrecke verdoppelt
DEDENHAUSEN
Im Rahmen des Barben-Projektes des Vereins Aktion Fischotterschutz konnte im Mai 2024 ein weiterer Erfolg für den Gewässerschutz in Niedersachsen erzielt werden. Bereits 2022, nach der Fertigstellung des ersten Revitalisierungsabschnitts an der Fuhse bei Dedenhausen, waren sich alle Projektbeteiligten einig, es sollte weitergehen. Nach zwei Jahren Planung und einigen unerwarteten Hürden rollte in diesem März wieder der Bagger und die bisherige Maßnahmenstrecke wurde um eine etwa 300 Meter lange Erweiterung ergänzt.
Die Fuhse wurde im vergangenen Jahrhundert vertieft und begradigt. Die Ufer vielerorts mit einer dicken Schicht von Wasserbausteinen gegen Abbrüche gesichert. Der Fluss wurde quasi in einem breiten Korsett festgesetzt. Strömungs- und Lebensraumvielfalt waren verschwunden. Dann wurde der Fluss lange Zeit intensiv unterhalten. Junge Bäume im Uferbereich wurden abgemäht, Wasserpflanzen und Flussholz wurden regelmäßig entfernt. Der Fluss sollte das Wasser abführen, das war seine wichtigste Aufgabe.
Seitdem hat sich aber sowohl im Bewusstsein der Menschen als auch in den Anforderungen an die Bewirtschaftung der Flüsse vieles geändert. Die Gewässerunterhaltung wird an der Fuhse seit vielen Jahren zurückgefahren. Die Funktion des Flusses als Lebensraum und Lebensader für Tier, Pflanze und Mensch rückt immer stärker in den Vordergrund. Es werden Wege gesucht, mit denen Lebensraumvielfalt und geregelter Wasserabfluss koexistieren können.
Die Fließgewässer-Revitalisierungsmaßnahme Fuhse Dedenhausen II wurde von Beginn an als Kooperationsprojekt geplant. Initiator war das Barben-Projekt der Aktion Fischotterschutz, das zum Ziel hat, die Lebensraumvielfalt an verschiedenen Flüssen im Einzugsgebiet der Aller zu verbessern, um der anspruchsvollen Fischart Barbe und vielen weiteren Tier- und Pflanzenarten zu helfen. Der Kooperationspartner war, wie auch schon 2022, der Unterhaltungsverband (UHV) Fuhse-Aue-Erse, der sich mit Fördermitteln zur Verbesserung der Biodiversität in der Region Hannover und mit Eigenmitteln an der Maßnahmenumsetzung beteiligte. "Wir arbeiten seit vielen Jahren hervorragend mit dem UHV Fuhse-Aue-Erse zusammen. Auch bei Maßnahmen, bei denen der UHV nicht als Träger auftrat, hat er uns intensiv auch bei der Kommunikation mit Anliegern unterstützt", erklärte Sören Brose, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Aktion Fischotterschutz.
Die Eigentümer und Bewirtschafter der an das Gewässer grenzenden Flächen sowie die Pächter des Fischereirechts wurden bereits bei den ersten Gesprächen zur Maßnahmenplanung intensiv einbezogen. Einwände, Ideen und Anmerkungen konnten dadurch frühzeitig eingearbeitet und pragmatische Lösungen gefunden werden. "Die breite Zustimmung aus der Bevölkerung zu unserem Vorhaben hat uns viel Rückenwind gegeben. Das hat uns darin bestärkt, trotz hoher Auflagen durch die Genehmigungsbehörden weiterzumachen und einen guten Weg zu finden, diese Strukturverbesserung durchzuführen", ergänzt Michael Germer vom UHV Fuhse-Aue-Erse. Die hohe Akzeptanz zeigt sich auch darin, dass der Pächter des Fischereirechts ehrenamtlich dutzende Erlen pflanzte und die Gehölze in den Sommermonaten pflegt.
Das Ziel des Projektes war es, die Struktur- und Strömungsvielfalt in dem 300 Meter langen Gewässerabschnitt zu erhöhen. Dafür wurden große Stammhölzer eingebaut, die den Fluss lenken und Dynamik erzeugen. Ganze Bäume mit Krone und Wurzelstubben liegen im Wasser, gut im Grund verankert. Das Geäst sorgt ebenfalls für Strömungsvielfalt und Verwirbelungen. Es bietet Lebensraum für verschiedenste Kleinlebewesen wie Insektenlarven. Kleine Fische können sich im Strömungsschatten ausruhen und finden Schutz vor Räubern.
Kies ist ein natürlicher Bestandteil der Gewässersohle von Flüssen. Durch den Gewässerausbau wurde dieser dem Fluss genommen. Im Zuge der Maßnahme wurden dem Fluss fast 350 Tonnen Kies zurückgeben. Er stabilisiert die Sohle und viele spezialisierte Arten, nicht zuletzt auch die Fischart Barbe, finden auf dem Kies Lebensraum und Fortpflanzungsstätte.
Auch die Uferbereiche wurden ökologisch aufgewertet. Die Böschung wurde abgeflacht und dadurch der Übergangsbereich zwischen Wasser und Land vergrößert. Ufergehölze wurden gepflanzt, die in Zukunft Lebensraum und Schattenspender sein werden. "Gerade im Hinblick auf die klimatischen Veränderungen sind Ufergehölze enorm wichtig. Sie beschatten das Gewässer und wirken nachweislich einer übermäßigen Erwärmung entgegen", so Brose.
Nach ausführlichen Vermessungen und Berechnungen wurde die Strukturverbesserung so durchgeführt, dass der Hochwasserabfluss davon nicht betroffen ist. Das hohe Engagement und die Flexibilität der ausführenden Baufirma und des, mit der Bauüberwachung beauftragten Ingenieurbüros haben zu großen Teilen zum Erfolg der Maßnahme beigetragen.
Eine fischereiliche Untersuchung, die im Rahmen des Barben-Projekts durchgeführt wurde, hat bereits gezeigt, dass die im Jahr 2022 umgesetzte Maßnahme innerhalb von zwei Jahren zu einer Zunahme der allgemeinen Fischdichte von erstaunlichen 390 Prozent geführt hat. Durch die ergänzende Strukturverbesserung ist an der Fuhse bei Dedenhausen nun ein 570 Meter langer revitalisierter Abschnitt entstanden, der Lebensraum für viele anspruchsvolle Tier- und Pflanzenarten bietet. Die Weichen wurden gestellt für die Entstehung eines Hotspots der Biodiversität. Besonders erfreulich ist es, dass durch den Wanderweg entlang der Fuhse viele Menschen die Entwicklung des Gewässers verfolgen können. "Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um alle Naturgenießer darum zu bitten, die Uferbereiche und das Gewässer so schonend wie möglich zu behandeln", bittet Sören Brose abschließend.
Das Projekt "Artenvielfalt in der Aller - Neue Lebensräume für die Barbe" ist ein Naturschutzprojekt der Aktion Fischotterschutz. Begleitet wird die Umsetzung der Naturschutzmaßnahmen durch Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung mit dem Fluss-Fisch-Mobil, das im gesamten Projektgebiet im Einsatz ist. Hiermit sollen die Menschen für die heimischen Fischarten und für die Bedeutung naturnaher Fließgewässer sensibilisiert werden. Das Barben-Projekt wird über das Bundesamt für Naturschutz im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt mit Mitteln des Bundesumweltministeriums und über das Land Niedersachsen bis Ende September 2024 gefördert.