Burgdorfer Gedenkrundgang zum 9. November 1938 mit erschreckender Aktualität
BURGDORF
33 Tage nach dem schrecklichen Massaker der fundamental-islamistischen Hamas-Milizen an friedlichen Menschen auf israelischem Gebiet hatte der Burgdorfer Arbeitskreis (AK) "Gedenkweg 9. November" am gestrigen Donnerstagabend, 9. November 2023, einmal mehr zu einem nachdenklichen Rundgang zu den Stolpersteinen, die an die hiesigen jüdischen Personen erinnern, die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung in der Auestadt geworden waren, eingeladen. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 waren jüdische Menschen im Deutschen Reich gelenkten und gewollten Gewaltmaßnahmen des verbrecherischen Nazi-Regimes wehrlos ausgesetzt.
Angesichts der brutalen Realitäten im "Gelobten Land" (Kanaan), sahen sich die rund 150 Gedenkweg-Teilnehmer nun mit der entsetzlichen Aktualität konfrontiert. Dem Rundgang schloss sich ein Vortrag von Burgdorfs Altbürgermeister Alfred Baxmann zum Thema "Antisemitismus" an. Wegen der großen Anzahl an Interessierten, musste diese Veranstaltung von der KulturWerkStadt, der ehemaligen Burgdorfer Synagoge, in die nahe evangelisch-lutherische St. Pankratiuskirche umgeleitet werden.
Nachdem AK-Sprecherin Dr. Judith Rohde die hebräische Shoah (Verwüstung) und die arabisch-palästinensische Nakba (Katastrophe) als "untrennbar miteinander verbunden" beschrieben hatte, gab sie ihrer Hoffnung Ausdruck, dass nach den Eskalationen im Nahen Osten "alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan" in Frieden und Sicherheit leben können.
Alfred Baxmann, der sich seine nun amtsfreie Zeit mit einem Geschichtsstudium füllt, schlug einen großen Bogen vom anfangs christlich-religiösen Antijudaismus zum modernen nationalistisch-rassistischen Antisemitismus. Für die polytheistischen Imperien, die vor vielen Jahrhunderten nach und nach das Gebiet der heutigen Staaten Irak, Syrien, Libanon und Israel beherrschten, war das monotheistische Judentum der "geduldete Stachel im Fleisch", so Baxmann.
Die so genannte Substitutionstheologie (Enterbungstheologie), die im Trennungsprozess des Christentums vom Judentum (70 bis 130 n. Chr.) entstand, warf dem Volk Israel die Kreuzigung Jesu Christi vor. Somit seien die Juden von Gott verflucht und wurden himmlisch wie irdisch ausgegrenzt. Mit der Verbreitung des Christentums, die im Römischen Reich mit Kaiser Konstantin begann, verbreitete sich dann auch die Judenfeindlichkeit in Europa.
Christliche Volksfrömmigkeit gepaart mit Aberglauben führten zu Gewaltexzessen in Europa, die die Juden den Legenden nach häufig zu Sündenböcken und "Brunnenvergiftern" machten.
Mit dem Reformator und Antisemiten Martin Luther, der 1543 seine Schrift "Von den Juden und ihren Lügen" verfasste, legte der Augustinermönch eine Handlungsanleitung für die ungeheuerlichen Vorgänge am 9. November 1938 vor. In dem berühmt-berüchtigten Text empfahl Luther ausdrücklich die "Austreibung der Juden" sowie die Verbrennung jüdischer Kulträume (Synagogen) und die Vernichtung jüdischer Literatur einschließlich des hebräischen Alten Testaments. Dies alles setzten die Nationalsozialisten in die Tat um.
Für seine Ausführungen erhielt Alfred Baxmann von den Zuhörern viel Beifall und Zuspruch.