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Montag, 22.08.2022 - 16:32 Uhr

Kalihalde und Kalibergwerk: BI moniert "chronische Untersuchungsphobie" von K+S und LBEG

Die Bürgerinitiative fordert, dass es in Wathlingen keine Haldenabdeckung sondern, dass das Salz mittels Spülversatz in das Bergwerk gehöre.Aufn.:

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"Wir haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des aktuellen Zustandes der Kalihalde Wathlingen viele Fragen offen sind, die - unabhängig von einer eventuellen Abdeckung - unbedingt geklärt werden müssen. Diese betreffen vor allem die Durchlässigkeit der Halde für Niederschlagswasser, den Umfang des Grundwasserkontaktes der Haldenbasis und die Beschaffenheit des Bodens unter der Halde. Dabei handelt es sich um Fragen, die durch entsprechende senkrechte und waagerechte Bohrungen leicht beantwortet werden könnten. Bei hessischen Kalihalden ist genau das gemacht worden. Dabei ist beispielsweise herausgekommen, dass die Halden viel durchlässiger für Niederschlagswässer sind, als von K+S angenommen. Da zeigt sich ein großes Problem. K+S ist es in Niedersachsen offenkundig gewöhnt, dass die firmeneigenen und mit den wirtschaftlichen Interessen des Konzerns deckungsgleichen Annahmen und Behauptungen von der zuständigen Bergbehörde kritiklos hingenommen werden. Im Fall der geplanten Haldenabdeckung Wathlingen ist das schon frühzeitig von der unteren Wasserbehörde des Landkreis Celle bemängelt worden. Die Behörde hat folgerichtig Untersuchungen statt (unbewiesener) Annahmen gefordert", stellt der Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) Umwelt Uetze, Wolfgang Tannenberg, fest. 

 

"Warum ist das wichtig? Beispiel Grundwasserkontakt der Haldenbasis. Ein dauerhafter oder immer wiederkehrender Kontakt des Salzes mit Grundwasser würde trotz Abdeckung zur langsamen Auflösung der Halde führen. Eine Abdeckung würde mit ihrem hohen Gewicht die Halde noch weiter in Richtung Grundwasser drücken und ihre Auflösung an der Haldenbasis bzw. die Versalzung des wertvollen Grundwassers sogar noch verstärken", pflichtet ihm Georg Beu vom Vorstand der Bürgerinitiative bei.

 

Im Erörterungstermin habe K+S geäußert, "die Halde reicht nicht, wie immer wieder behauptet wird, permanent oder häufig bis ins Grundwasser". Die BI-Mitglieder zitieren K+S (Seite 237 des Wortprotokolls der Erörterung): "(…) sind 44,0 m N.N. als waagerechtes Planum komplett unter der Halde angesetzt worden. Es ist im Zuge der Einwendungen aufgefallen, dass das dort so nicht stimmen kann. Wir haben uns im Nachhinein um weitere Informationen zum Geländeniveau bemüht und sind anhand unserer Datenbasis zu der Auffassung gekommen, dass wir im Mittel ungefähr bei 43,6 m N.N. liegen, (…)". Tannenberg und Beu dazu: "Woher K+S diese Höhen hat, ist aber bis heute das Geheimnis der Firma."

 

"Nur durch eigene Recherchen haben die Bürgerinitiativen Umwelt Wathlingen und Uetze Daten zu den Geländehöhen am Rand der Halde gefunden, über die K+S verfügt. Die hat der Konzern bisher im Planfeststellungsverfahren nicht herausgerückt, am 19. Mai 2011 im Umweltausschuss des Landkreises Celle aber (vermutlich versehentlich) öffentlich gemacht. Daraus ergeben sich im Zentrum der Halde Geländehöhen von bis zu (minimal) 42,5 m N.N. (aufgrund der früheren sumpfigen Senke im Zentrum eher noch tiefer), somit einen vollen Meter niedriger, als von K+S behauptet. Was sich nicht viel anhört, hat bei ähnlich hohen Grundwasserständen jedoch gravierende Auswirkungen - eine geringere Geländehöhe bedeutet - je nach Stand des Grundwassers - weniger Abstand zum Grundwasser oder ein Eintauchen der Halde", so Tannenberg und Beu.

 

"Für die angenommene Einsenkung der Halde in den Boden von 1,21 Meter gibt es zwar ein Gutachten - allerdings sind die dazugehörigen Berechnungen bis heute nicht öffentlich gemacht worden. Die einfache Möglichkeit, die genauen Verhältnisse durch Bohrungen genau festzustellen, ist bis heute beziehungsweise in acht Jahren nicht genutzt worden", erläutern Tannenberg und Beu gemeinsam.

 

Vorstandsmitglied Ulf Wucherpfennig dazu: "Stattdessen hat die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage im Landtag (Drucksache 18/5825) behauptet, "(…) ist 'bei möglichen Löseprozessen zu erwarten, dass der Porenraum im direkten Kontaktbereich Haldenbasis / Grundwasser durch unlösliche Bestandteile wie zum Beispiel Ton und Gips kolmatiert'. (…) Die (…) angesprochene Kolmation kann im Falle eines Kontaktes mit Grundwasser vorhandene Porenräume zusetzen." Kolmation bedeutet hier soviel wie "Selbstdichtung". "Damit hat man versucht, die fehlende Basisabdichtung unter der Halde gleichsam zu erschaffen'", so die BI-Mitglieder..

 

"Nun gibt es aber auch das Gegenteil, nämlich die sogenannte Suffosion. Dabei werden die feinen Bodenbestandteile ausgewaschen und, wie in Wathlingen wahrscheinlich, in den kiesigen Untergrund geschwemmt. Die Folge: Der Boden unter der Halde würde sogar immer durchlässiger für Salzlauge von der Halde", erklären sie.

 

In der Antwort auf eine weitere Kleine Anfrage im Landtag (Drucksache 18-6804, Frage 37 - Umfang der Anlösung der Kalihalde) "hat die Landesregierung dann schlicht behauptet, 'für eine Anlösung (Anmerkung: der Kalihalde) gibt es nach Auskunft des LBEG bisher keine Indizien'", so die BI. 

 

"Doch, es gibt (starke) Indizien", erklärt Tannenberg. "Einmal durch den starken Salzwasseranstieg in Grundwasser-Fließrichtung unter der Halde (offenkundig nimmt das Grundwasser beim Durchfluss Salz von der Halde auf) und zum anderen durch ein umfangreiches Gutachten zum Chemismus des Grundwassers unter der Halde. Das haben wir als Bürgerinitiativen bereits vor dem Erörterungstermin in Auftrag gegeben. K+S bestreitet die Schlussfolgerungen aus dem Gutachten, weil die Halde chemisch anders zusammengesetzt sei, als vom Gutachter festgestellt. Die Lösung? Ganz einfach - indem man durch einen neutralen Gutachter Haldenwasserproben nimmt. Bis heute ist aber auch diese - denkbar simple und noch dazu kostengünstige - Untersuchung nicht erfolgt. Wie kürzlich berichtet, muss in Wathlingen mit ähnlichen, unvorhergesehenen und gravierenden Bodensenkungen gerechnet werden, wie in Lehrte (10 Zentimeter in wenigen Jahren). Die gefährden - über dem ehemaligen Kalibergwerk liegende - Wohngebiete (Gebäudeschäden in Hänigsen und Wathlingen) und dazu die zu einem großen Teil über dem Bergwerk befindliche Kalihalde (weitere Einsenkung und noch stärkere Auflösung an der Basis). Auch die Auswirkungen der Bergwerksflutung auf Wohngebiete und auf die Lage der Kalihalde im Verhältnis zum Grundwasser sind bis heute dennoch nicht ausreichend untersucht und berücksichtigt worden. Offenkundig sollen Untersuchungen zu allen problematischen Bereichen ganz bewusst mit allen Mitteln verhindert werden - damit die Wahrheit über die Gefahren für das Eigentum der Bürger und die Umwelt nicht ans Licht kommt", moniert Tannenberg.

 

"Keinesfalls darf es in Wathlingen irgendeine Form von Haldenabdeckung geben - das Salz der Halde gehört mittels Spülversatz, der seit über 100 Jahren Stand der Technik ist, in das Bergwerk. Nur so können das Grundwasser vor dem aufgelösten Salz der Halde und die Bürger vor einem instabilen Bergwerk beziehungsweise gravierenden Immobilienschäden geschützt werden", fordern die drei Vorstandsmitglieder Beu, Tannenberg und Wucherpfennig.