Uetze
Freitag, 03.06.2022 - 18:00 Uhr

Vor Sprengung gerettete Hänigser Uhus haben doppelten Nachwuchs

Zwei kleine Uhus wurden nun in dem Gebäude gesichtet, dass am 30. März hätte gesprengt werden sollen.Aufn.:

HäNIGSEN

Ende März wurden die Anwohner über die für den 30. März 2022 geplante Sprengung des 38 Meter hohen Wasserturms auf dem Betriebs-Gelände der K+S AG in Hänigsen-Riedel informiert. Kurz vor der bevorstehenden Sprengung wurde allerdings entdeckt, dass ein Uhu im Wasserturm brütet. Die Sprengung konnte noch rechtzeitig abgesagt werden. 

 

Dass der brütende Uhu im Wasserturm entdeckt wurde, sei der Aufmerksamkeit von Ulf Wucherpfennig von der Bürgerinitiative (BI) Umwelt Uetze zu verdanken, der den Uhu am 28. März in einem der Fenster des Turms entdeckte, wie die BI mitteilt. Er benachrichtigte darufhin den zuständigen Naturschutzbeauftragten der Region Hannover, Wolfgang Tannenberg (BI Umwelt Uetze), dem es mithilfe eines starken Teleobjektivs dann auch gelang, eine erste Aufnahme zu machen. Dieser wiederum alarmierte die untere Naturschutzbehörde, welche dann die Sprengung untersagte. "Die eingeleitete und sehr vorsichtig vorgenommene Besichtigung des Turmes am 29. März durch ein Naturschutzbüro aus Göttingen bestätigte dann die Brut des Uhus im Turm und die Sichtung mindestens eines Eies im Gelege", so Wolfgang Tannenberg. Am 30. März berichtete die Presse sodann über die Absage der Sprengung. 

 

"Hintergrund ist der Schutz des Uhus als streng geschützte Art. Gemäß § 44 Bundenaturschutzgesetz ist es nicht nur verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Ebenfalls ist verboten, sie während der Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeiten erheblich zu stören oder Fortpflanzungs- oder Ruhestätten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören", erklärt der Naturschutzbeauftragte. 

 

Seinen Angaben zufolge "stellt sich hierbei die Frage, ob im Rahmen des geplanten Abrisses des Wasserturms diese Vorgaben ausreichend beachtet worden sind, denn der Brutplatz hätte bei sorgfältiger Kontrolle des Turms entdeckt werden können. In dem K+S Sonderbetriebsplan der für den Abriss von Gebäuden und Wiedernutzbarmachung von Teilflächen des ehemaligen Werksgeländes Riedel, in Uetze Hänigsen, Inaktive Werke steht auf Seite 2 unter Punkt 3. Beschreibung der Maßnahmen sieht hierzu vor: 'Vor Beginn der Abbrucharbeiten werden wir durch geeignete Gutachter sicherstellen, dass keine faunistische Beeinträchtigung besteht'. Eine artenschutzfachliche Sachverhaltsermittlung vor Ort hatte die Firma A & S Betondemontage aus Lehrte vor dem geplanten Abriss allerdings nicht in Auftrag gegeben, sondern lediglich eine von einem naturschutzrechtlichen Gutachter eingeholte Einschätzung auf Basis der Aktenlage. Dort hieß es 'Um artenschutzrechtliche Konflikte zu vermeiden, soll der Gebäudeabriss zwischen dem 01.08 und dem 31.01. demgemäß außerhalb der Reproduktionsperiode der Art stattfinden. Diese Terminierung wäre zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände unserer Einschätzung nach Folge zu leisten'."

 

Auch der Naturschutzbeauftragte Wolfgang Tannenberg habe am 9. Februar .2022 auf diesen artenschutzrechtlichen Konflikt hingewiesen. "Aus welchen Gründen diesen Einschätzungen nicht Folge geleistet wurde, und die Sprengung auf einen Termin Ende März gelegt wurde, ist nicht bekannt", so Wolfgang Tannenberg.

 

Kaum nachvollziehbar ist aus Sicht von Ulf Wucherpfennig auch, "dass Brutstörungen durch Abbrucharbeiten von K+S dann nicht sofort nach Sichtung des Uhus am 28. März 2022, sondern erst zwei Tage später eingestellt wurden". Dem Bruterfolg des Uhus scheint dies allerdings bisher aber nicht geschadet zu haben.

 

Bereits am 27. April konnte mit dem Fernglas ein erster Nestling am Fenster ausgemacht werden. Aufgrund der Größe des Nestlings dürfte dieser bereits in der ersten oder zweiten Aprilwoche geschlüpft sein. Ein zweiter Nestling wurde dann am 29. April gesichtet.

 

Am Sonntag den 29. Mai war es soweit. Die beiden jungen Uhus wagten den Absprung und halten sich seit dem auf dem weitläufigen Werksgelände auf. Nach erfolgtem Absprung lernen sie vom Boden aus dann nach und nach das Fliegen und werden weiterhin von den Eltern mit Nahrung versorgt. Am Boden nehmen aber auch die Gefahren für die Jungvögel den sogenannten Infanteristen zu, zum Beispiel durch Fressfeinde wie den Fuchs oder Marder. "Jetzt bleibt nur abzuwarten und zu hoffen, dass die Nestlinge gut gedeihen", so Wolfgang Tannenberg.

 

Negativ wirke sich seinen Angaben zufolge "in diesem Zusammenhang natürlich aus, dass im Zuge der Vorbereitung auf die Sprengung unterhalb des Turms bereits die komplette Suksessionsvegetation entfernt wurde, so das keinerlei natürliche Deckung mehr für die Jungvögel am Boden besteht. Die Schaffung von bodenfernen Aufenthaltsplätzen und die Platzierung von Versteckmöglichkeiten wären nun sehr wichtige Maßnahmen, damit Füchse, Marder und Waschbären nicht leichtes Spiel mit den kleinen Uhus haben. Ebenfalls nachteilig dürfte sich die Rodung einer etwa zwei Fußballfelder großen Fläche mit hohem Baumbestand Ende Februar diesen Jahres auf dem Betriebsgelände von K+S auswirken, denn in diesem Wäldchen hätten die Jungvögel beste Verhältnisse für Nahrungsaufnahme und Schutz vorgefunden."

 

"Es bleibt zu hoffen, das K+S den strengen Schutz des seltenen Vogels anerkennt und Möglichkeiten finden wird, den Artenschutz mit den eigenen wirtschaftlichen Interessen in Einklang zu bringen, so zum Beispiel durch Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen, zum Beispiel in Form einer neuen Lebensstätte und Neuanpflanzungen als Ersatz für die erfolgten Rodungsmaßnahmen", so Wolfgang Tannenberg.

 

Wer mehr über den Uhu und seine Geschichte sowie über die 12 weiteren Eulen Europas erfahren möchte, kann sich auf der Internetseite der EGE (Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V.) Opens external link in new windowwww.egeeulen.de einen Überblick verschaffen.