Sehnde
Donnerstag, 16.12.2021 - 13:16 Uhr

Sehndes Bürgermeister Olaf Kruse meldet sich in der Hundesteuer-Debatte zu Wort

SEHNDE

Das Thema Hundesteuer schlägt in Sehnde hohe Wellen. Die Stadtverwaltung will die zum Teil emotional geführte Diskussion mit Fakten begleiten. Sie hat zudem ein Interview mit Sehndes Bürgermeister Olaf Kruse geführt. Dieses wird ebenso im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben:

 

Die Hundesteuer ist ein Relikt aus dem Mittelalter, spült aber Geld in die Kassen der Kommunen. Spätestens seit der Corona-Pandemie haben viele Menschen ihre Liebe für die Hundehaltung entdeckt. Das bedeutet mehr Steuereinnahmen, aber auch mehr Hundehinterlassenschaften und damit mehr Belastung für die Allgemeinheit.

 

Die Hundesteuer ist formal eine Luxussteuer. Mit der Höhe der Steuern will die Kommune vor allem ordnend eingreifen und damit verhindern, dass die Zahl der Hunde zu stark steigt. Von der Hundesteuer befreit sind Hunde, die im beruflichen Kontext gehalten werden und Hunde, die zu Schutz- und Hilfszwecken gehalten werden.

 

Einer der größten Streitpunkte bei der Hundesteuer ist die nicht vorhandene Zweckbindung. Einnahmen aus der Hundesteuer dienen nicht zur Deckung der Ausgaben, die unmittelbar mit der Hundehaltung zu tun haben.

 

Interview mit Sehndes Bürgermeister Olaf Kruse

Herr Kruse, neben der geplanten Hundesteuer ist auch das Thema Hundehinterlassenschaften ein Dauerthema. So beschweren sich Hundehalter einerseits über die Hundesteuer und die in ihren Augen schlechte Infrastruktur an Entsorgungsmöglichkeiten für Hundekotbeutel und andererseits die Bevölkerung über Hundekot im öffentlichen Raum. Können Sie überhaupt einer Seite gerecht werden?

Tatsächlich scheinen viele Hundebesitzende zu glauben, dass die Hinterlassenschaften ihres Vierbeiners ein Fall für die Stadtverwaltung sind und diese für die Entsorgung zuständig ist. Nicht selten werden zwar Hundekotbeutel genutzt, diese dann aber ebenfalls achtlos in den Grünstreifen entsorgt - häufig mit dem Vorwurf, es würden entsprechende Abfallbehälter in unmittelbarer Umgebung fehlen.

 

Die Erwartung einiger Hundehaltenden an die Kommune ist hoch. Neben dem Bereitstellen von Hundekotbeuteln sollen an allen Spazierwegen innerhalb und außerhalb der Ortschaften Abfallbehälter aufgestellt, unterhalten und geleert werden. Der Mythos, dies sei eine städtische Aufgabe, hält sich hartnäckig, ist faktisch falsch und geht zu Lasten aller Einwohner*innen. Diese sowie das Fehlen einer öffentlichen Fläche in Sehnde ("Hundewiese") zur Nutzung insbesondere während der Anleinpflicht in der Brut- und Setzzeit sind Forderungen, die nicht neu sind und mit denen bereits meine Amtsvorgänger konfrontiert wurden.

 

Hinzu kommt Hundekot, der in Grünflächen und Seitenstreifen einfach liegen bleibt und von Hundehaltenden gern mit dem Freifahrtschein "ich zahle doch Hundesteuer" liegen gelassen wird. Diese Hinterlassenschaften werden dann in der Regel durch Mitarbeitende der Stadtverwaltung entfernt, obwohl die Hundesteuer nicht für die Beseitigung von Hundehaufen gezahlt wird.

 

In Zeiten von Corona haben sich viele Menschen Hunde und Haustiere zugelegt. Gleichzeitig steigen aktuell die Lebenshaltungskosten deutlich. Wenn die Stadtverwaltung nun der Politik eine Erhöhung der Hundesteuer vorschlägt, scheint das doch für viele Menschen unangemessen und wurde jetzt auch in den sozialen Medien deutlich kritisiert. 

 

In Sehnde wurde bereits mit dem Doppelhaushalt 2021/2022 durch den Rat die Erhöhung der Hunde- und der Vergnügungssteuer als eine Maßnahme zum Haushaltssicherungskonzept festgelegt. Jetzt liegt den Ratsmitgliedern die konkrete Beschlussvorlage dazu vor. 

 

Die Hundesteuer war in Sehnde seit 1995 stabil und soll nun erhöht werden. Der Verwaltungsvorschlag liegt zur Beratung vor und sieht für den Ersthund eine moderate Erhöhung und ab dem Zweithund eine deutlichere Kostensteigerung vor. Neu ist der Vorschlag für eine einjährige Steuerbefreiung bei Übernahme eines Hundes aus dem Tierheim Burgdorf.

 

Die Beschlussvorlage ist eine - wie der Name schon sagt - Vorlage und kein Wunsch und Wille des Bürgermeisters. Grundlage der Demokratie sind politische Entscheidungen und Konsensfindungen und nicht die willkürliche Entscheidung einzelner. Besonders schade, wenn Personen versuchen in der Öffentlichkeit Stimmung zu machen und ein anderes Bild zu verbreiten. Besonders "irritierend", wenn es politisch tätige Personen sind, die zudem in öffentlicher Sitzung der Verwaltung eine unzureichende Kontrolle über die tatsächliche Anmeldung von Hunden vorgeworfen haben. 

 

Für mich nicht nachvollziehbar, warum hier die Diskussion über mich als Person so ausufert und versucht wird mich persönlich zu diskreditieren.

 

Warum werden die Wünsche einzelner Ortsräte zur Beschaffung unterschiedlichster Abfallbehälter in den Stadtteilen nicht umgesetzt? 

Der Thematik der Beseitigung von Hundekot und dem damit weit verbreiteten Anspruch an die Kommune, Abfallbehälter und Hundekotbeutel zur Verfügung zu stellen, haben sich einzelne Ortsräte angenommen. Hier ist es aber nicht damit getan Abfallbehälter zu beschaffen und aufzustellen, sondern dann auch in die fortlaufende Unterhaltung mit aufzunehmen. Wer besorgt Hundekotbeutel, wer sorgt für die Nachfüllung, wer wartet und leert den Abfallbehälter und wer führt den Inhalt einer fachgerechten Entsorgung zu?

 

Ganz nebenbei: bei Hundekot handelt es sich zwar um organischen aber nicht um Biomüll - auch dann nicht, wenn der Beutel organisch abbaubar ist. Hundekot ist aufgrund der häufig enthaltenen Parasiten als Restmüll zu entsorgen und möglichst einer Verbrennung zuzuführen.

 

So wurde nun zum Beispiel die geplante Neubeschaffung von Kombigeräten -Abfalleimer und Beutelspender- durch den Ortsrat Sehnde seitens der Verwaltung gestoppt, um eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten. 

 

Aktuell befinden sich im gesamten Stadtgebiet 369 Abfallbehälter, die auch für die Hundekotbeutel genutzt werden können. Davon sind lediglich fünf als Kombigeräte mit Beutelspender (1 x in Ilten, 4 x in Sehnde-Mitte) ausgestattet, die neben der regelmäßigen Leerung auch noch mit Beuteln bestückt werden, wobei diese leider nicht selten innerhalb eines Tages aufgebraucht sind. 

 

132 der Abfallbehälter befinden sich in Sehnde-Mitte, 60 Stück in Ilten und in Klein Lobke sind lediglich drei Stück vorhanden. 

 

Zurzeit werden wöchentlich jeweils 500 Beutel auf die fünf Standorte verteilt, das entspricht einem Jahresverbrauch von ca. 130.000 Beuteln. 

 

Da grundsätzlich davon auszugehen ist und es meiner Meinung nach auch keine Zumutung darstellt, dass Hundebesitzende über entsprechende Hundekotbeutel verfügen, halte ich es auch für zumutbar, dass ein eigener Beutel für den Spaziergang mitgenommen und genutzt wird. Das sehe ich auch im Interesse einer Gleichbehandlung aller Hundebesitzenden in den verschiedenen Ortsteilen, denn bei aktuell fünf Kombigeräten können Sie sich selbst die Frage beantworten, wer überhaupt in den Genuss von den von der Stadt zur Verfügung gestellten Hundekotbeuteln kommt - bei gleicher Entrichtung der Hundesteuer.

 

Die von den Ortsräten und aus der Bevölkerung benannten Standorte für Abfallbehälter werden für das gesamte Stadtgebiet erfasst und geprüft. Ziel ist eine für das gesamte Stadtgebiet -auch optisch- einheitliche Ausstattung mit Abfallbehältern, die die Entsorgung des Abfalls der Spaziergänger*innen und Nutzenden der öffentlichen Flächen, einschließlich der Hundekotbeutel, ermöglicht. Gleichzeitig soll die widerrechtliche Nutzung für die Entsorgung des Hausmülls vermieden werden und die Leerung für die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung ohne unverhältnismäßig großen Aufwand möglich sein.

 

Ihnen wird "selbstherrliches Handeln" und die "Ignoranz demokratisch gefasster Beschlüsse eines Ortsrates" vorgeworfen.

Ja, und dazu ist mir eine Klarstellung wichtig: Die Aufgaben der Ortsräte sind in § 93 des Nds. Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) geregelt. Eine Ausstattung der Ortschaften mit Abfallbehältern ist dort nicht aufgeführt, weil es sich hierbei um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Der Beschluss eines Ortsrates für die Aufstellung weiterer Abfallbehälter wirkt somit direkt in meinen Zuständigkeitsbereich.

 

Ich habe daher allen Ortsbürgermeister*innen im Rahmen einer Dienstbesprechung mitgeteilt, dass ich im Zusammenhang mit dem Beschluss des Ortsrates Sehnde zur Aufstellung von weiteren 11 Hundetoiletten (11 Hundekotbeutelspender mit Abfallbehälter) und zusätzlich 14 Abfallbehältern zur Vermeidung der Erhöhung des Personalbedarfs den Aufwand im Blick behalten muss. Daher bedürfe es einer vorherigen Abstimmung über die Zahl und Verortung der Abfallbehälter - und das bezogen auf das gesamte Stadtgebiet und nicht nur im Bereich von Sehnde-Mitte. Es kann aus meiner Sicht nicht dem Zufall überlassen sein, dass man in einem Stadtteil mit einer hohen Zahl an Abfallbehältern wohnt - oder nicht.

 

Bereits vor einem halben Jahr habe ich in einem Stadtteil an drei Strecken, die regelmäßig von Hundebesitzenden genutzt werden, ohne öffentliche Vorankündigung Abfallbehälter aufstellen lassen. Ziel dieser Maßnahme ist die Prüfung, ob es hierdurch zu weniger Hinterlassenschaften in der Natur kommt. Dieser Versuch war auf die Dauer von etwa einem halben Jahr angelegt und die gewonnene Erkenntnis ist eine spürbare Verbesserung, d. h. es findet sich dort weniger Müll bzw. Hundekot in der Landschaft.

 

Daher habe ich den Ortsbürgermeister*innen in der vorgenannten Dienstbesprechung meine Bereitschaft mitgeteilt, weitere gewünschte Standorte von Abfallbehältern in der Verwaltung prüfen und die miteinander abgestimmten Standorte durch die Mitarbeitenden des Baubetriebshofs leeren zu lassen. Dies jedoch zu Lasten der bestehenden (fünf) Hundekotbeutelspender und einem Verzicht auf neue solcher Geräte. 

 

Es wird kein bereits vorhandener Abfallbehälter ersatzlos abgebaut, sondern es werden weitere von den Ortsräten gewünschte Abfallbehälter in Abstimmung mit der Verwaltung beschafft, aufgebaut und auch geleert.