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Mittwoch, 17.11.2021 - 21:22 Uhr

Strandkörbe: Warum sind sie so beliebt?

Vom ersten Strandkorb zur Strandkorbkultur

Aufn.: analogicus auf Pixabay

Strandkörbe sind eng mit der deutschen Strandgeschichte verflochten. Thomas Mann, Theodor Fontane und Max Liebermann besangen sie in ihren Werken.

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Strandkörbe sind ein deutsches Kulturgut und ein Exportschlager, die inzwischen einen Kultstatus aufweisen, der mit dem Ruf von Schwarzwälder Kuckucksuhren vergleichbar ist. Für manche symbolisieren sie eine Lebenseinstellung, für andere sind sie einfach nur bequem und der perfekte Rückzugsbereich am herrlichen Strand.

 

Wer an den Stränden der Ost- und Nordsee die endlos scheinenden Exemplare an Strandkörben aufgereiht sieht, die in ihrer Menge fast schon kleine Städte zu bilden scheinen, mag sich fragen, wie diese lieb gewordene Tradition begonnen hat. Zumal inzwischen auch in zahlreichen Gärten Strandkörbe wie an der Ostsee und Nordsee zu finden sind. Heften wir uns an die Spuren dieser Geschichte. 

 

Die offizielle Geschichte

Bei der Entwicklung der Strandkörbe muss zwischen der offiziellen und inoffiziellen Geschichte unterschieden werden. Offiziell gilt ein Modell von Wilhelm Bartelmann aus dem Jahre 1882 als erster Strandkorb der Welt. Der Hofkorbmacher arbeitete in seiner Rostocker Werkstatt für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, wo ihn eines Tages eine ältere Dame von adligem Geblüt aufsuchte. 

 

Elfriede von Maltzahn, wie die Dame mit vollem Namen hieß, bat den Korbmacher um die Herstellung einer Sitzgelegenheit für den Strand, durch die sie die Freuden des Strandlebens mit ihrem Rheumaleiden in Einklang bringen konnte. Der Strandkorb war nun, so will es die Legende, die Antwort des Hofkorbmachers auf dieses Begehren, denn die Dame war durch Seitenwände und Haube gut vor Wind und Wetter geschützt.

 

Vorläufer vor 1882

Wilhelm Bartelmann hat sicherlich seine Verdienste rund um die Weiterentwicklung dieser gemütlichen Sitzgelegenheiten zu den heutigen Trutzburgen am Strand. Er ist ein bedeutender Teil dieser Entwicklung gewesen, dem es gelang, hierzu einen gewichtigen Meilenstein zu markieren. 

 

Dennoch geraten bei dieser Verengung auf Bartelmann andere Aspekte rund um den Strandkorb zu kurz. So existieren schon vor 1882 Skizzen, Vorlagen und Gemälde, die Sitze mit Seitenteilen und Hauben an den Stränden zeigen. Beispiele sind dafür eine Skizze des Korbmachers Ernst Karl Nikolaus Freese aus dem Jahr 1871, ein Gemälde von Arthur Langhammer aus dem Jahr 1882 und sogar Bilder der niederländischen Maler Jacob Jordaensund Willem van Herp aus dem 17. Jahrhundert.

 

Die Erfindung als kollektives Gemeinschaftswerk

Manche Experten halten deswegen die Niederlande als den eigentlichen Ursprungsort der Strandstühle, zumal geflochtene Weidensessel an den Stränden schon lange vor 1882 verbreitet waren. Wilhelm Bartelmann hat für seine Eigenleistungen an der Entwicklung des Strandkorbes kein Patent angemeldet, und so bleibt es umstritten, ob es sich bei diesen um eine Erfindung oder nur um eine Weiterentwicklung gehandelt habe.

 

Letzteres erscheint uns plausibler, sodass wir die Geschichte der Strandkörbe vor 1882 eher als kollektives Gemeinschaftswerk im Rahmen einer lebendigen Strandkorbkultur ansehen. Verschiedene Personen scheinen den spezifischen Bedürfnissen dieser Lebenswelt Rechnung getragen zu haben und die sich entwickelnde Strandkorbkultur schuf einen fruchtbaren Nährboden für komfortable Outdoor-Sitzgelegenheiten. Doch warum traf der Strandkorb so exakt den Lebensnerv der Strandbesucher in diesen Regionen? Warum hat sich gerade hier eine solch spannende Subkultur gebildet?

 

Warum der Strandkorb so gut ankam

Es ist kein Geheimnis, dass es an der Nord- und Ostsee wesentlich kühler zugeht als an klassischen Stränden der Karibik und des Mittelmeers. Kühle Temperaturen bringen es mit sich, dass kräftige Winde, von denen es an den deutschen Küsten reichlich gibt, die gefühlte Temperatur deutlich senken. Dieser Windchill-Effekt beginnt bereits bei Temperaturen unter 10 Grad Celsius. Hinzu kommt, dass Strandbesucher zwar im Meer gern nass werden, dies aber zumeist außerhalb des Gewässers gern vermeiden möchten. Auch an Regentagen mangelt es an beiden deutschen Meeren nicht. 

 

Der Strandkorb schützt ausgezeichnet vor jeder Unbill des Wettergottes. Er bot zudem einen gewissen Sichtschutz beim Umkleiden, was früher noch wichtiger als heute war. Manche Sozialwissenschaftler gehen sogar so weit, den Strandkorb als Spezifikum deutscher Mentalität zu begreifen, die sie entlang dem Streben nach Innerlichkeit, Gemütlichkeit und Abgrenzung verorten. Er sei an den Stränden sogar die deutsche Entsprechung zum Schrebergarten.