Sehnde
Mittwoch, 07.07.2021 - 17:35 Uhr

Geplante Fahrradstraße: SPD und Grüne verwundert über Aussagen der CDU-Ortsratsfraktion

SEHNDE

In einer gemeinsamen Pressemitteilung äußern sich Helmut Süß, Ratsmitglied und SPD-Ortsbürgermeister, im Namen der Sehnder SPD-Ortsratsfraktion und das Sehnder Ortsratsmitglied Florian Schuchardt von Bündnis 90 / Die Grünen zur geplanten Fahrradstraße als Nord-/Südachse in Sehnde.

 

Insbesondere nehmen sie hierbei Stellung zur Pressemitteilung der CDU-Ortsratsfraktion vom 2. Juli 2021, Opens external link in new windowdie wir hier veröffentlicht haben.

 

Folgendes schreiben Helmut Süß und Florian Schuchardt im Wortlaut:

"Mit sehr großer Verwunderung haben wir in den letzten Tagen den Internet-Medien (Altkreisblitz, Sehnde-News) entnommen, das die CDU-Ortsratsfraktion offensichtlich zu den o. a. Themen (Fahrradstraße, Verlauf der besagten Ortsratssitzung) eine Pressemitteilung (gem. den bereits bekannten Berichterstattungen in den Internet-Medien) mit offensichtlich irritierenden und teils falschen und verwirrenden Informationen herausgegeben hat. In den Internet-Medien wird u. a. nachfolgendes berichtet:

  • SPD-Ortsbürgermeister Helmut Süß hätte den CDU-Wunsch, vor einem Beschluss die Bürgerinnen und Bürger anzuhören, 'schnell vom Tisch gewischt und gar nicht erst zur Abstimmung gestellt'.
  • Bei der abschließenden Abstimmung zur Fahrradstraße konnte immerhin noch die ursprünglich vorgeschlagene Sperrung der 'Breiten Straße' auf Höhe der Kreuzung mit der Straße 'Zum Großen Freien' zunächst noch verhindert werden.
  • Es wird von einer geplanten Sperrung der "Breiten Straße" für den Fahrzeugverkehr berichtet und es wird befüchtet, das damit auch möglicher Anlieferverkehr für die dortigen Gewerbetreibenden nicht mehr möglich sei. 

 

Kurz allein zu den 3 v. g. Punkten: 

Nach einer etwa eineinhalbstündigen Informations- und Diskussionsrunde zu diesem Tagesordnungspunkt hat Ortsbürgermeister Helmut Süß hierüber abstimmen lassen. Der v. g. Beschlussvorschlag wurde vor der Abstimmung dahingehend erweitert, das der besagte Kreuzungsbereich 'Breite Straße' / 'Straße des Großen Freien' hinsichtlich der Gestaltungsform ausgeklammert wurde. Als mögliche Option ist das Anlegen eines Mini-Kreisverkehrs an dieser Stelle eine der favorisierten Lösungsansätze. Eine Sperrung der Breiten Straße für den Fahrzeugverkehr war und ist zu keiner Zeit vorgesehen, gleiches gilt natürlich auch für einen möglichen Anlieferverkehr. Einen gesonderten 'ad-hoc-Antrag' vor der besagten Abstimmung in der Ortsratssitzung, beispielsweise auf vorherige Bürgerbeteiligung vor einer Beschlussfassung zu bestehen, hat kein Ortsratsmitglied gestellt.

 

Die bereits in den Internet-Medien veröffentlichten Behauptungen sind teilweise nicht nur falsch und teils polemisch, sondern auch für die Bürgerinnen/-innen, Anlieger und Gewerbetreibende geradezu unverständlich, beunruhigend und irritierend. Wir kritisieren diese Verhaltens- und teils unrichtige Darstellungs- und Informationsweisen zu den besagten Themen massiv, da sie von den tatsächlichen Sachverhalten und Diskussionsständen teils erheblich abweichen und zur weiteren Verunsicherung der Bürger/-innen führt. In dem u. a. Anhang haben wir noch einmal wichtige Dinge aus der Historie, verschiedene Meinungen und Erläuterungen ausführlich zusammengefasst, um den Gesamtzusammenhang etwas besser zu verstehen.

 

Nachfolgend noch einige sehr ausführliche Informationen zur Entstehung des VEP, aktuelle Meinungen, Einschätzungen, Daten und Fakten zur besagten Fahrradstraße bzw. zum Verkehrsentwicklungsplan (VEP) und zur Beschlussvorlage vom 01.07.2021

 

Zur BV 2021/0975 Umsetzung Verkehrsentwicklungsplan, hier: Radverkehr Sehnde, Modellvorhaben Fahrradstraße Route Breite Straße –Zuckerfabriksweg

Anmerkungen zum Verfahren:

  • Das Modellvorhaben entspricht dem Verkehrsentwicklungsplan, der in der Sitzung vom 17.12.2020 vom Stadtrat beschlossen wurde: 'Der Rat der Stadt Sehnde nimmt den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) zustimmend zur Kenntnis und beschließt die Handlungsfelder sowie die dazugehörigen Maßnahmenempfehlungen des Verkehrsentwicklungsplanes einschließlich des Hauptfußwegenetzes für den Kernort Sehnde sowie des Radwegenetzes für das Stadtgebiet als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch: …'
  • Vorangegangen waren Beratungen der Ortsräte, des Fachausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt, einer großen Lenkungsgruppe sowie ein Workshop, zu dem alle Bürger Stellungnahmen abgeben konnten:

o Workshop mit Bürgerbeteiligung am 25.09.2019, Einführung durch den damaligen Bürgermeister Lehrke (Präsentation und Protokoll vom 21.10.2019 vorliegend)

o Sitzung der großen Lenkungsgruppe am 14.07.2020 (Präsentation vorliegend)

o Öffentliche Sitzungen der Ortsräte im September und Oktober 2020

o Öffentliche Sitzung des Fachausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt am 08.12.2020, Vorlage wurde einstimmig ohne Enthaltung beschlossen 

  • Von Anfang an ist der Verlauf Breite Straße – Zuckerfabriksweg im Verkehrsentwicklungsplan als Hauptroute für den Fahrradverkehr dargestellt.
  • Gemäß Stadtratsbeschluss vom 17.12.2020 wurde die Verwaltung beauftragt, die im Verkehrsentwicklungsplan aufgeführten Schlüsselmaßnahmen schrittweise zu konkretisieren. Da sich die Öffentlichkeit in einem Workshop aktiv an der Gestaltung des Verkehrsentwicklungsplanes beteiligen konnte und in einer Reihe öffentlicher Sitzungen Gelegenheit hatte, sich zu informieren und nachzufragen und somit von einem generellen Einvernehmen ausgegangen werden darf, ist es nun an der Zeit, diesen nächsten Schritt zu gehen, in dem es dann um technische Einzelheiten geht. Sollten sich im Zuge der weiteren Bearbeitung neue Aspekte ergeben, werden wir selbstverständlich dei Bürger/-innen eingeziehen.
  • Für eine zügige Umsetzung des Vorhabens sprechen nicht nur die Möglichkeit, zeitlich befristetete Fördermittel zu erhalten, sondern insbesondere die Notwendigkeit, den Verkehr für alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere für die Schwächsten, sicherer zu machen. Das betrifft auch gerade den Verkehr auf der Breiten Straße

Anmerkungen zum Modellvorhaben

  • Ziel des Verkehrsentwicklungsplanes ist, den Verkehr für alle Verkehrsarten zeitgemäß zu verbessern. Der in der Vergangenheit vernachlässigte Fahrrad- und Fußgängerverkehr soll besonders gefördert werden.
  • Nach unserer Vorstellung soll die Förderung des Fußgänger- und Radverkehrs aber nicht zu Lasten der Leichtigkeit des Autoverkehrs gehen. Behinderungen des Autoverkehrs, die dem Fußgänger- und Radverkehr keinen Vorteil bringen, sind zu vermeiden, Beschränkungen sollen nur erfolgen, soweit es notwendig ist, um allen Verkehrsteilnehmern vergleichbares Recht auf der Straße zu geben.
  • Sehnde ist mit seinen Ortsteilen flächenmäßig recht groß und hat wegen seiner Arbeitsplätze und seiner guten Einkaufsmöglichkeiten einen noch größeren Einzugsbereich. Bei vielen Wegen, z.B. zum Einkauf, wird deshalb der PKW auch in Zukunft eine große Rolle spielen. Das Fahrrad ist oft keine Alternative. Immerhin werden die PKW‘s immer umweltfreundlicher, technisch sind sogar emissionsfreie Fahrzeuge möglich. Es ist deshalb angezeigt, bei zukunftsweisenden Planungen auch den PKW als Teilnehmer am innerstädtischen Verkehr hinreichend zu berücksichtigen. 
  • Die vom Büro PGT geplante Fahrradstraße lässt den Autoverkehr, d.h. den PKW-Verkehr zum Einkaufen, den Lieferverkehr, den Anliegerverkehr und den Busverkehr weiterhin ausdrücklich zu. Die betreffenden Straßenzüge werden in keiner Weise für den Kfz-Verkehr gesperrt. Das wird klar geregelt durch das Verkehrszeichen Nr. 244.1 'Fahrradstraße' mit dem Zusatz 'Kfz-Verkehr frei'. 
  • Die Erreichbarkeit der Geschäfte in der Breiten Straße mit Kraftfahrzeugen und Fahrrädern ist weiterhin gesichert. Parkmöglichkeiten werden durch gekennzeichnete Parkstreifen geschaffen, die so angeordnet sind, dass der fließende Verkehr nicht -wie in der derzeitigen Situation behindert werden kann.
  • Die Breite Straße ist neben der Mittelstraße für den Fahrradverkehr sehr wichtig, weil sie gern auf dem Weg zum Einkauf befahren wird. Da sie aber über keinen eigenen Radweg verfügt und der Straßenraum beengt ist, ist die Ausweisung als Fahrradstraße naheliegend.
  • So ist damit zu rechnen, dass der bisher eher chaotische Verkehrsfluss auf dieser Straße durch die Ordnung des ruhenden und fahrenden Verkehrs entschieden verbessert wird, die Sicherheit des Radverkehrs deutlich erhöht und die Attraktivität der Straße gesteigert wird.

Anmerkungen zur Kreuzung Breite Straße / Straße des Großen Freien, Lösung mit Diagonalsperre:

  • In der Sitzung des Ortsrates vom 1. Juli 2021 bestand weitestgehend Einvernehmen, dass eine Diagonalsperre an dieser Kreuzung nicht zielführend ist, z.B.

o wird der Kfz-Verkehr aus der Breiten Straße südwärts in das Quartier Rosenstraße-Wiesenstraße gelenkt. Das ist nach den gerade laufenden Planungen für diese Straßen nicht gewünscht.

o Die Zufahrt zur Tiefgarage des Edeka-Markts ist nicht mehr von der Breiten Straße aus möglich. Das führt zu Umwegen für alle Kunden, die den Markt aus östlicher Richtung (z. B. vom Zuckerfabriksweg oder aus Haimar) erreichen wollen. Damit droht Kundenverlust. Es ist jedoch stadtplanerisches Ziel, den Markt an dieser Stelle im Zentrum Sehndes zu halten. 

  • Mit vorgenannten Beispielen wird die persönliche Erfahrung bestätigt, dass das Sperren von Abbiegemöglichkeiten an Kreuzungen (wie auch das Einrichten von Einbahnstraßen) zum Teil erhebliche Umwege und damit zusätzlichen Kfz-Verkehr verursacht. (Die Möglichkeit, z.B. nach einem Einkauf bei der Fleischerei in der Breiten Straße das Fahrzeug zu wenden, wäre auch keine vernünftige Alternative.)
  • Büro PGT hat als Alternative zur Diagonalsperre einen Mini-Kreisverkehrsplatz vorgestellt. Der Vorteil eine solchen Anlage für den Fahrradverkehr wäre noch zu klären. Immerhin wird bei Anlage eines Mini-Kreisverkehrsplatzes nach den geltenden Vorschriften die Möglichkeit geboten, 'Zebrastreifen' an allen vier auf den Kreisverkehr zulaufenden Straßen einzurichten (im Gegensatz zum Fußgängerüberweg an der Nordstraße, für den der Ortsrat vehement einen Zebrastreifen fordert, dieser aber bisher von der Landestraßenverwaltung verweigert wird).

Stellungnahme zum Stand der Beschlussfassungen

  • Der Ortsrat hat mehrheitlich beschlossen, dass die Verwaltung das Modellvorhaben 'Fahrradstraße Route Breite Straße –Zuckerfabriksweg mit Ausnahme des Kreuzungsbereiches Breite Straße / Straße des Großen Freien weiter verfolgen soll. Da der Kfz-Verkehr weiterhin die Straßenzüge benutzen kann und der konfliktfreie Verkehrsfluss wegen der Neuordnung des Straßenraumes eher noch gefördert wird, erübrigen sich weitergehende Verkehrsuntersuchungen. 
  • Der Ortsratsbeschluss ist konsequent, weil er aus dem fraktionsübergreifenden Beschluss zum Verkehrsentwicklungsplan mit den Schwerpunkten Fußgänger und Fahrradverkehr folgt. Mit dem Projekt werden Missstände behoben, die die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer gefährden und es wird der zunehmenden Bedeutung des Fahrradverkehrs, gerade auch mit eBikes Rechnung getragen. Die Umsetzung des Projekts ist somit zukunftsweisend. Das Projekt wird seit September 2019 öffentlich diskutiert. Von einem breiten Einvernehmen innerhalb der Einwohner darf somit ausgegangen werden. 
  • Nach dem Beschluss werden keine Straßen oder Kreuzungen für den Verkehr gesperrt; denn es geht hier um eine Verbesserung der Ordnung zwischen den Verkehrsteilnehmern zur Erhöhung der Sicherheit und Stärkung der Attraktivität der Innenstadt.

Zur Kritik des Verfahrens

  • Verschiedentlich wird darauf hingewiesen, dass beim derzeitigen Stand des Verfahrens die Bürger weiterhin direkt beteiligt werden sollten. Da die grundsätzliche Entscheidung, hier eine Hauptroute für Fahrradverkehr einzurichten, bereits mit Bürgerbeteiligung getroffen wurde, und es in der kommenden Phase um die Konkretisierung dieses beschlossenen Planes    -vor allem in technischer Hinsicht- geht, wäre in diesem Fall und in diesem Planungsstadium eine weitere Bürgerbeteiligung, auch wenn sie unsererseits generell gewünscht wird, nicht zielführend. Sollten sich im Zuge der weiteren Bearbeitung neue Aspekte ergeben, werden wir selbstverständlich die Bürger/-innen einbeziehen.
  • Ein Hinweis auf des Bebauungsplanverfahren 'Gewerbegebiet Sehnde Ost' klingt in diesem Fall zynisch. Es ist zu bedenken, dass dort eine Bürgerinitiative ein seit 2 ½ Jahren urdemokratisch laufendes Bebauungsplanverfahren mit 3 öffentlichen Auslegungen, 19 öffentlichen Gremiensitzungen ignoriert hat und kurz vor der endgültigen Beschlussfassung, nach umfangreicher Arbeit der ehrenamtlich und hauptamtlich Beteiligten, eine Petition gegen das Projekt eingereicht hat. 
  • Stadtrat und Ortsräte haben im vorgenannten Verfahren mit der Verwaltung für ein demokratisches, ordentliches Verfahren gesorgt und den Bürgern jederzeit Gelegenheit zur Mitsprache gegeben. Kritik kann sie also nicht treffen. Allerdings ist zu bedenken, dass sich hier Aktivitäten an den geordneten Verfahren des Kommunalrechts vorbei entwickelt haben.
  • Es ist zu hoffen, dass der Verkehrsentwicklungsplan nun auf der mit breiter Mehrheit beschlossenen Basis im allgemeinen Einvernehmen mit den Bürgern Schritt für Schritt umgesetzt werden kann."