Burgwedel
Montag, 05.04.2021 - 20:01 Uhr

Sportring Burgwedel befasst sich mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Sport

Ulrich Friedrich, Vorsitzender des Sportrings Burgwedel.Aufn.:

BURGWEDEL

In seiner Online-Sitzung vom 30. März 2021 diskutierten die Mitglieder des Sportring Burgwedel (SR) über das Thema "Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport".

 

Anhand von "erschreckenden Zahlen" verdeutlichte der SR-Vorsitzende Ulrich Friedrich die Brisanz des Themas. "Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik gab es 2019 in Deutschland mehr als 12.200 Fälle von Kinderpornografie, ein Anstieg um fast 65 Prozent gegenüber 2018. Hinzu kommen 13.600 polizeilich erfasste Fälle sexuellen Missbrauchs. Doch diese Zahlen sind nur das Hellfeld. Das Dunkelfeld ist um ein Vielfaches größer. Im Durchschnitt werden in Deutschland 1 bis 2 Kinder pro Schulklasse Opfer sexueller Taten. Dabei kommen die Täter aus allen gesellschaftlichen Schichten", so Ulrich Friedrich.

 

Die Teilnehmer diskutierten verschiedene Lösungsansätze. Ob ausdrückliche Anerkennung von Verhaltensrichtlinien durch ÜbungsleiterInnen und TrainerInnen, die Aufnahme von Sanktionsmöglichkeiten gegenüber übergriffig werdenden Personen in die Vereinssatzung oder die Verknüpfung von kommunalen Fördermitteln mit Schutzkonzepten gegen sexuellen Missbrauch.

 

Letztlich überzeugte Dagmar Ernst, erfahrene Referentin und Vorstandsmitglied des Regionssportbundes, alle Beteiligten mit dem von ihr vorgestellten und favorisierten Schutzkonzept. Es setzt auf die Sensibilisierung aller Beteiligten. Neben sexualisierten Grenzüberschreitungen müssten Kinder und Jugendliche auch vor zum Beispiel Mobbing und heimlichen Fotoaufnahmen geschützt werden. Gerade im Leistungssport, aber auch in Kirche und Schule begünstigten die Machtstrukturen sexuellen Missbrauch. Auch in der Region Hannover habe es Missbrauchsfälle gegeben, wusste Ernst zu berichten.

 

Ausgebildete Teams und Fachberatungsstellen der Region unterstützen Vereinsverantwortliche, Übungsleiter und Trainer bei der Entwicklung eines Schutzkonzeptes. Mindestens sechs Bausteine sind zu absolvieren. Darunter das Fertigen einer Risikoanalyse, die Schulung von Übungsleitern und Vertrauenspersonen sowie die Erstellung eines Fahrplans, wie sich der Verein bei Vorfällen und Verdachtsfällen zu verhalten hat. Nach bis zu zwei Jahren Arbeit an Konzepterstellung und Schulung winken nicht nur ein Zertifikat, sondern die Gewissheit, Kindern und Jugendlichen einen bestmöglichen Schutz vor Übergriffen im Sportverein bieten zu können.

 

Es obliegt nun den teilnehmenden Vereinsvorständen, ihre KollegenInnen in den Vereinen von der Notwendigkeit der Erstellung eines Schutzkonzeptes zu überzeugen.

 

Als weniger brisant, dafür aber "umso irritierter" zeigten sich die Teilnehmer vom Vorgehen der Stadt beim Bau und der Ausstattung der im Bau befindlichen neuen Gymnasiumsporthalle. "Anfang März wurden die Vereine von der Verwaltung aufgefordert, ihren Bedarf an Lagerfläche für die vereinseigenen Sportgeräte zu melden. Man gehe davon aus, dass sich jeder Verein einschränken müsse", heißt es in der Mail. Die Vereine fühlen sich brüskiert. "Sie wurden weder an der Planung noch der Ausstattung der Sporthalle beteiligt", so Ulrich Friedrich. Und das, obwohl der Vorsitzende des SR die Verwaltung gebeten habe, in die Ausstattung der Halle eingebunden zu werden. "Dieses Vorgehen fügt sich ins Bild", so Ulrich Friedrich. "Der geplante vorzeitige Abriss der beiden bestehenden Gymnasiumsporthallen wurde ohne Wissen der Vereine beschlossen und konnte erst durch öffentlichen Protest verhindert werden. Doch aus dieser Ohrfeige hat die Verwaltungsspitze offenbar nichts gelernt", so Ulrich Friedrich abschließend.