Sehnde
Donnerstag, 07.01.2021 - 14:27 Uhr

Corona-Hotspot Sehnde: Bürgermeister Kruse gibt Infos zur Lage in der Stadt

Derzeit eine tägliche Aufgabe: Sehndes Bürgermeister Kruse liest den Lagebericht der Region Hannover.Aufn.:

SEHNDE

Die Stadt Sehnde zählt aktuell mit zu den Corona-Hotspots in der Region Hannover. Seit Beginn der Woche stieg die Zahl der Neuinfizierten rasant im Verhältnis zu den sonstigen Regionskommunen. "Mit einem für Sehnde ermittelten Inzidenzwert von knapp 200 verbreitete sich schnell das Gerücht der eingeschränkten Bewegungsfreiheit für Sehnder. Die Bevölkerung ist verunsichert und die nicht klare Fakten- und Regelungslage sorgt für viele Spekulationen. Auch die Informationspolitik der Stadtverwaltung wird hinterfragt und kritisiert", so die Stadt Sehnde.

 

Daher hat Ines Raulf von der Sehnder Stadtverwaltung am 7. Januar 2021 ein Interview mit dem Bürgermeister Olaf Kruse geführt, um die wichtigsten Fragen zu beantworten. Dieses Interview geben wir hier im Wortlaut wieder.

 

Herr Kruse, die Region Hannover meldet für Sehnde seit einigen Tagen extrem steigende Fallzahlen und einen entsprechend hohen Inzidenzwert. Wo liegt der Grund? Gibt es einen sogenannten Hotspot? Warum informiert die Stadtverwaltung nicht?

Ja, Sehnde belegt mit den aktuellen Zahlen einen traurigen Spitzenplatz in der Region. Der Grund hierfür lässt sich lokalisieren und ist nach entsprechender Rückfrage beim zuständigen Gesundheitsamt der Region Hannover auch bekannt.

 

Wir sind aber aufgrund der fehlenden Zuständigkeit und des bestehenden Datenschutzes nicht befugt weitergehende Informationen zu geben.

 

Für die Maßnahmen und Informationen in der Pandemie ist die Region Hannover als untere Infektionsschutzbehörde zuständig. Wir sind hier nur ausführendes Organ in Aufgaben der eigenen Zuständigkeit und in Umsetzung der Landes- bzw. Regionsanordnungen.

 

Das ist auch gut so, denn nur in Betrachtung einer ganzen Region können Maßnahmen koordiniert und umgesetzt werden. Stellen Sie sich vor, jede Kommune wäre zum Beispiel für die Gesundheitsprüfungen, Quarantäneverfügungen und Impfzentren selber zuständig. Hier braucht es eine übergeordnete Institution, die den Bevölkerungsschutz sicherstellt. Im Kreis der Hauptverwaltungsbeamten der regionsangehörigen Kommunen stimmen wir uns mit der Region Hannover eng ab und stehen im regelmäßigen Austausch.

 

Wir erhalten als Stadtverwaltung keine detaillierten Informationen welche Personen oder Personenkreise positiv auf Corona getestet wurden und über sog. Hotspots werden wir nur dann informiert, wenn es für unser eigenes Handeln unerlässlich ist. Informationen, die wir erhalten, dürfen wir nicht ohne Zustimmung weitergeben.

 

Natürlich beunruhigt uns die Lage auch und natürlich versuchen wir so weit wie möglich zu informieren, aber in Fällen wie dem aktuellen Corona Geschehen in einem Alten- und Pflegeheim werden die Informationen eher über die Bevölkerung, soziale Medien und die Presse verbreitet, weil wir ganz einfach dem Datenschutz verpflichtet und nicht auskunftsbefugt sind.

 

Hier befinden wir uns in einer Zwickmühle zwischen dem Anspruch als Verwaltung möglichst transparent zu kommunizieren und dem Schutz der Personen und Daten, der ganz klar überwiegt.

 

Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass die steigenden Fallzahlen erklärbar sind, wir den Grund nun alle kennen und wir gemeinsam die weitere Entwicklung abwarten müssen.

 

Mit der steigenden Inzidenz und den neuen Beschlüssen der Bund-Länder- Konferenz vom vergangenen Dienstag wurde vor allem das Thema "Einschränkung der Bewegungsfreiheit" in Sehnde viel diskutiert. Muss sich die Sehnder Bevölkerung Sorgen machen?

Ein klares Nein! Eines vorweg: Die diskutierte Bewegungsfreiheit, die in der Bund-Länder-Konferenz beschlossen wurde und aller Voraussicht nach auch für die Verordnung in Niedersachsen aufgenommen wird, gilt für den Inzidenzwert in den Landkreisen - bei uns also für den Inzidenzwert der Region Hannover (Stand 07.01.2020 = 115,4) und nicht für einzelne Kommunen. Es wird nach aktueller Pandemie-Lage keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit für die Sehnder Bevölkerung geben. Der Inzidenz-Wert für Sehnde liegt heute bei 189,4. Wir informieren über den aktuellen Wert auf unserer Internetseite: Opens external link in new windowwww.sehnde.de/corona

 

Und weil die Inhalte der Bund-Länder Konferenzen aufgrund der guten Informationsverbreitung in den Medien bereits lange vor der Umsetzung auf lokaler Ebene zu Diskussionen und Fragen führen, will ich einmal ganz kurz den Weg und damit auch die zeitlichen Verzögerungen im Informationsfluss erläutern.

 

Am Dienstag haben sich Bund und Länder über das weitere Vorgehen in der Pandemie abgestimmt und Rahmen festgelegt. Die Ergebnisse dieser Gespräche werden danach in den Ländern mit der Politik und den Spitzenverbänden abgestimmt, an die Gegebenheiten vor Ort angepasst, konkretisiert und in eine neue Landes-Verordnung aufgenommen. Diese Verordnung muss zum in Kraft treten veröffentlicht werden und gilt dann bis auf Weiteres.

 

Auch wir als Kommune erfahren vorab folglich nicht viel mehr als die Bevölkerung insgesamt und müssen abwarten, bis die neue Verordnung in Kraft tritt. Daher können wir vorab häufig gar keine Informationen geben und handeln, denn es fehlt schlicht an einer Rechtsgrundlage und wir würden rein spekulativ agieren. Nach dem in Kraft treten der Verordnung ist dann schnelles Handeln in der Region und den Kommunen gefragt und nicht selten bleiben uns dafür nur wenige Tage, meist nur Stunden.

 

Bekommen Sie viele Anfragen aus der Bevölkerung? Wie gehen die Sehnder*innen mit der Situation um? 

Wir erhalten viele Anfragen auf unterschiedlichen Wegen, versuchen alle Anliegen zu erledigen und Fragen zu beantworten.

 

Ich bitte die Sehnder*innen weiterhin um Rücksicht und Vorsicht. Die Pandemie ist noch nicht vorbei und jeder einzelne von uns sollte sich um die Konsequenzen seines Handelns bewusst sein und verantwortungsbewusst mit der Situation umgehen.

 

Die geltenden Hygieneregeln sind uns allen bereits mehr als geläufig und müssen weiterhin strikt eingehalten werden. Der nun noch einmal verschärfte Lockdown folgt auf eine Infektionslage, die außer Kontrolle zu geraten droht - die Brisanz der Situation sollte uns allen bewusst sein.

 

Wir alle haben Familienmitglieder oder Freunde, die zu Risikogruppen gehören und niemand kann sich sicher sein eine Corona-Infektion schadlos zu überstehen. Es geht um unser aller Gesundheit und im schlimmsten Fall um das Überleben.

 

So deutlich muss es uns allen bewusst sein!

 

In Sehnde ist nun eine Einrichtung betroffen, in der die Menschen leben, die wir ganz besonders vor dem Virus schützen wollen, weil sie es sind, die häufig den höchsten Preis für die Folgen der Erkrankung zahlen.

 

Meine Sorge gilt den betroffenen Menschen; allen betroffenen Menschen, aber zurzeit vor allem den Bürger*innen in der Pflegeeinrichtung, den Bewohnenden und denen, die sich um ihre Versorgung kümmern. Sie haben große Sorgen, gesundheitliche Nöte und sind extremen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt.

 

An diese betroffenen Menschen sollten wir denken, bevor wir darüber diskutieren, ob zum Beispiel das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes wirklich Sinn macht.

 

Wie geht es nun weiter? Auch in Sehnde wird mit der neuen Erlasslage einiges zu regeln sein.

Die Schulen, Kindertagesstätten und unsere dazugehörigen Verwaltungseinheiten arbeiten mit Hochdruck an der Informationsweitergabe und an der Umsetzung der Vorgaben. Im Laufe der Zeit ist zwar eine gewisse Routine im Ablauf entstanden, aber letztlich müssen auch wir uns auf die jeweilige Situation einstellen.

 

Gerade Familien werden durch die neuen Regelungen, die voraussichtlich ab 10. Januar gelten werden, wieder besonders betroffen und gefordert sein. Das ist uns bewusst und wir werden im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zum Beispiel alle Kapazitäten in der Kinderbetreuung ausschöpfen. Nicht selten sind Einzelfallentscheidungen notwendig und viele persönliche Schicksale lassen auch uns nicht kalt.

 

Ich appelliere an uns alle, noch einmal gemeinsam alle Anstrengungen zu unternehmen, die notwendig sind, diese herausfordernde Zeit gut und vor allem gesund zu meistern.