Burgwedel
Mittwoch, 24.06.2020 - 17:31 Uhr

#PARKOMANIE 2020: KunstWandel im Alten Park in Großburgwedel

4. Juli bis 30. September 2020

Aufn.:

GROßBURGWEDEL

Der kunstverein burgwedel-isernhagen ruft in diesem Jahr zur "#PARKOMANIE 2020" auf. Dazu hat der kunstverein vier Künstlerinnen und einen Künstler der Bildenden Kunst mit Arbeitsschwerpunkten Installation, Skulptur und Plastik eingeladen, die sich mit dem Park, der Interaktion zwischen Park und Öffentlichkeit sowie den Besuchern - unter Einbeziehung des Titels "#PARKOMANIE 2020" auseinandersetzen.

 

Seit 2008 verwandelt der kunstverein burgwedel-isernhagen den Alten Park an der Thönser Straße in Burgwedel einmal im Jahr für mehrere Monate in eine öffentliche 24 Stunden Galerie. Der kunstverein möchte mit diesem speziellen Format unter anderem dazu beitragen, Hemmschwellen abzubauen, indem sich die Kunst in den öffentlichen und frei zugänglichen Raum, also zum Menschen hin, begibt: Ein gezielter Beitrag, Kunst zu erleben und ihr eine größere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu ermöglichen. Laut Habermas gilt "die Öffentlichkeit als ein kommunikativer Ort der Meinungsbildung und Meinungsäußerung, an dem verschiedene Personengruppen miteinander gesellschaftliche Probleme erörtern und die sogenannte öffentliche Meinung formulieren".

 

Zu sehen ist die Ausstellung vom 4. Juli bis 30. September. Am 4. Juli um 16 Uhr lädt der Kunstverein zu einem Kunstspaziergang im Alten Park mit Dr. Carmen Putschky, Kunsthistorikerin vom Sprengel Museum Hannover, ein. Der Eintritt hierzu ist frei. Aufgrund der staatlichen Corona-Auflagen werden die Besucher gebeten, eine Sitzgelegenheit mitzubringen und den Mindestabstand einzuhalten.

 

Im Eingangsbereich zum Park empfängt den Besucher ein ebenerdiges Kunstwerk des Crailsheimer Rasenzeichners Ralf Witthaus. Der Künstler arbeitet mit Akku- und Motorsensen, mit denen er seine Kunstwerke in den Rasen schneidet. Zum Thema "Parkomanie" hat er eine kreisrunde Komposition entworfen, die einen Betrachtungspunkt zur umgebenden Landschaft erzeugt. Steht man innerhalb des Kreises, kann man umlaufend den Satz lesen: "seid, was ihr seht, und empfangt was ihr seid". Damit bezieht der Künstler sich darauf, was die Wirkung von Vorhandenem ausmacht. Das langsame Zuwachsen und Verschwinden des Kunstwerkes während der Ausstellungsdauer ist Bestandteil der Performance.

 

Unter dem Titel: "Zwei Seelen ... - ein Stück Rasen erzählt" lädt die Audio-Künstlerin Natalie Deseke aus Hannover die Besucher auf ein Hörerlebnis ein, das originär für diese Ausstellung erstellt wurde. Im Park seufzt und kichert es, zwei Stimmen sind zu hören. Während eine, die eigene Depression offenbart und alles schwarz malt, klingt nur unweit entfernt die gleiche Stimme euphorisch und will die Welt verbessern. Bezüge zu Goethes Faust ("Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust ...") und Anspielungen auf aktuelle Ereignisse kann das Publikum in diesem wehmütig-melancholischen bis irrwitzig-skurrilen inneren Zwiegespräch beim Zuhören herausfinden.

 

Ulrike Enders, die Hannoversche Bildhauerin, bekannt geworden durch ihre Skulpturengruppe "Regenleute" in der Nähe vom Kröpke in Hannover präsentiert in Burgwedel ihre aktuelle Arbeit "Dreiteiliger Mann". Sie sagt zu ihrem Werk "Drei Stammabschnitte einer Platane sind zusammengesetzt und grade soweit bearbeitet, dass sie als Männerfigur durchgehen. Schlips und Kragen reichen, sie als Herrn zu definieren".

 

Mit "Erinnerte Landschaften Fotografie 2020"präsentiert Cornelia Urban aus Hannover ihren Standpunkt zur Landschaft als emotionaler Raum. Die Idee des englischen Landschaftsgarten, Thema der Ausstellung "Parkomanie", orientierte sich an einer Malerei, welche eine idealisierte, idyllische Landschaft darstellte. Das Bild der Landschaft wurde in der Romantik Träger für Empfindungen des Sublimen und Unheimlichen. Mit der Landschaft als Sehnsuchtsort ist auch das Motiv des Exotischen und dessen Klischee verknüpft. Die im Park gezeigte Serie inszenierter Fotografien "Erinnerte Landschaften" greift verschiedene Aspekte der Landschaftsdarstellung auf. Dabei werden Interieurs zu Landschaftselementen transformiert oder mit diesen kombiniert. Es entsteht eine Art Kammerspiel, bei dem die eingesetzten Mittel offengelegt werden. Die Fotografien werden im Format großer Postkarten in transparenten Boxen präsentiert und wie Souvenirs zum Verkauf angeboten.

 

Dagmar Schmidt, bildende Künstlerin aus Hannover ist mit zwei Arbeiten im Park vertreten. Einmal mit "Hausbaum", auch Ahnenbaum genannt, ihn bedarf es eigentlich in jedem neu anzulegenden Garten. Doch dieser ist etwas ganz Spezielles, wachsen doch auf ihm Häuser und so nimmt er den Begriff "Hausbaum" wörtlich. Die Häuser können von Insekten oder anderen kleinen Wesen bewohnt werden. Einmal gereift, können die Behausungen abgepflückt, auf den Boden gepflanzt zu ganzen Häusern wachsen… oder vielleicht doch wieder zu einem neuen "Hausbaum"?

 

Das Projekt " BRAIN … unterwegs in Burgwedel" ist im Alten Park kann mit vorgegebenem Radius durch den Park bewegt werden. Durch unermüdliche, autorisierte, künstlerische Hilfe kann BRAIN IV während #PARKOMANIA 2020 wöchentlich einmal durch die Straßen und Plätze von Burgwedel bewegt werden und macht dadurch mobil auf sich selbst und auf die Ausstellung im Alten Park aufmerksam.

 

Der Begriff "PARKOMANIE" steht in Verbindung mit Hermann Ludwig Heinrich Graf von Pückler-Muskau, 1785 bis 1871, auch bekannt als "Der grüne Fürst". Er beschreibt eine Sucht/Lust dieses extravaganten, gebildeten und höchst unterhaltsamen Adligen, Charmeur, Weltenbummler und Schriftsteller, der er genial und meisterhaft frönte: Die Planung und Umsetzung des (englischen) Landschaftsgartens, das heißt, die Umgestaltung von Landschaft in kunstvolle, natürlich anmutende, parkartige Anlagen - oft in gigantischem Ausmaß und mit völlig neuer Topografie. Die Tradition "Kunstwandel(n) im Park" soll auch im 12. Jahr fortgesetzt werden. Für 2020 wurde bewusst das Thema/der Titel "#PARKOMANIE 2020" gewählt, sich durchaus des vermeintlichen Widerspruchs bewusst, aber gerade deswegen. Es gehe um die "alte" Idee, das Positive, Lustvolle, Naturverbundene, Humane: hier die Hommage der Kunst an einen versteckten Ort, der gerade deswegen Wertschätzung und Aufmerksamkeit verdient, stell-vertretend für die vielen, oft unbeachteten, grünen Orte, die in der Summe erheblich und existenziell zu unserer Lebensqualität beitragen und wichtige Bausteine für das Klima, die Erholung und den Erhalt von Artenvielfalt sind.

 

Ralf Witthaus (*1973) studierte Kunst, Gestaltung und Internationales Kunstmanagement in Hamburg, Bielefeld, Enschede, Berlin, Köln und Düsseldorf.

 

Natalie Deseke, Studium Medien & Bildung (M.A.), Universität Rostock (2013), Studium der Freien Kunst bei Prof. Ulrich Baehr, Fachhochschule Hannover, Diplom (1991). Seit 1991 Kunst im öffentlichen Raum.

 

Ulrike Enders (* 1944) Humanistisches Abitur in Kempten/ Allgäu, Kunststudium -1970 an der HdK Berlin seit 1972 in Hannover. Seit 1980 Kunst im öffentlichen Raum.

 

Cornelia Urban,Studium der Freien Kunst HBK Braunschweig, 2001 Diplom. 2002 / 2003 Meisterschülerin bei Prof. Lienhard v. Monkiewitsch Fachhochschule Hannover.

 

Dagmar Schmidt, Studium der Architektur und der Bildenden Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, an der Bauhausuniversität Weimar, Universität GhS Kassel und an der Burg Giebichenstein - Kunsthochschule Halle, Abschluss Diplom-Künstlerin, Meisterstudium Skulptur seit 1990 längere Studienaufenthalte in Spanien, Japan, Australien