Lehrte
Montag, 11.05.2020 - 14:14 Uhr

DGB legt Kranz am Gedenkstein des ehemaligen Durchgangslagers niederer

Der DGB-Kreisvorsitzende Reinhard Nold legt den Kranz nieder.Aufn.: DGB Lehrte

LEHRTE

Kurzfristig entschlossen sich die Kolleginnen und Kollegen des DGB-Ortsverband Lehrte, am 8./9. Mai 2020 der Befreiung der Konzentrations-/Arbeitslager und an das Ende des Krieges zu gedenken. "Wir haben uns in letzter Minute überlegt, den 75. Jahrestag der Befreiung auch in einer Krisenzeit wie dieser, in der die Corona-Pandemie allgegenwärtig ist und es tagtäglich um die aktuellsten Infektions- und Todeszahlen geht, in einer Zeit, in der es tagtäglich um die wachsenden existentiellen Sorgen vieler Menschen in unserem Land geht, nicht verstreichen zu lassen", erklärt der DGB Kreisvorsitzende Reinhard Nold.

 

Eine Delegation von sechs Teilnehmenden legte ein Gesteck mit dem Schleifenaufdruck "Nie wieder Faschismus" an dem Gedenkstein des ehemaligen Durchgangslagers (Dulag) in der Industriestraße in Lehrte nieder. Das Durchgangslager nahm Ende Juli 1942 seinen Betrieb auf. Es bestand aus 34 Holzbaracken die von einem Stacheldrahtzaun umgeben waren. Etwa 700.000 Personen wurden bis zur Befreiung durch dieses Lager geschleust. 800 bis 1500 Zwangsarbeiter sollen dauernd hier gelebt haben. Sie arbeiteten entweder im oder außerhalb des Lagers in der Industrie und der Landwirtschaft. Von Anfang 1943 bis Ende 1944 starben dort 110 Menschen. 1944 wurden im Lager 19 Kinder geboren. Einige Kinderleichen wurden auf dem Lagergelände verscharrt. Nach der Befreiung wurde das Lager für die Unterbringung von über 900 Displaced Persons weiter genutzt. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Werk der Firma Miele.

 

"Zwangsarbeiter waren in Lehrte allgegenwärtig", sagte Nold. In der Villa Nordstern habe es ebenso welche gegeben wie in Erichssegen, auf dem heutigen Gelände der Tennisanlage am Sauerweg, im ehemaligen Reichshof im alten Dorf, an dessen Stelle jetzt der neue Netto-Markt errichtet wurde, und dem Gewerkschaftshaus das in den 70er Jahren einem Neubau weichen musste, in dem heute die Sozialstation in der Burgdorfer Straße untergebracht ist. Das Gewerkschaftshaus hatten die Nationalsozialisten schon 1933 gestürmt, in die NS-Organisation Deutsche Arbeitsfront (DAF) übernommen und Gewerkschaftsmitglieder wurden in Konzentrationslager gesperrt, gefoltert, ermordet, in den Tod und in die Emigration getrieben. "Ihr Leben ist uns Zeugnis einer demokratisch ethischen Grundhaltung, die uns mit Achtung und Demut erfüllt. Auch mehrfache Verhaftungen, Gewalterfahrungen, Schikanen und ständige Todesdrohungen konnten sie nicht davon abhalten, für ihre Überzeugungen und Werte einzutreten. Für Werte, die auch heute noch für uns handlungsleitend sind: Freiheit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Solidarität", so Nold in seiner Ansprache.

 

Mit der Kranzniederlegung wollen die Gewerkschafter den Menschen, die auch in Lehrte leiden mussten, gedenken und gleichzeitig gegen Vergessen und "gegen Lügen, die auch heute wieder Hass und Gewalt auslösen", mobilisieren.

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