Uetze
Donnerstag, 09.04.2020 - 13:14 Uhr

Gemeindegrundstücke an der Kalihalde: "Wathlinger Ratsmitglieder müssen jetzt Farbe bekennen"

"Wathlinger Verwaltung und Bürgermeister nehmen es offensichtlich hin, dass eine Firma, deren Haldendeponie der Gemeinde nur Nachteile bringen würde, seit einem halben Jahr öffentliche Grundstücke für Bauarbeiten benutzt und die Bürger aussperrt", so die Bürgerinitiativen aus Wathlingen und Uetze.Aufn.: Achim Bartsch

WATHLINGEN/UETZE/BURGDORF

"Die Abdeckung der Wathlinger Kalihalde würde für die Einwohner des Ortes und die der Nachbargemeinden sehr große Verkehrs- und Staubbelastungen bringen. Katastrophale Langzeitfolgen für Gesundheit und Umwelt sind absehbar. Eigentümer von Häusern werden dazu auch noch unter dem Wertverlust ihrer Immobilien leiden. Die Kalihaldenabdeckung liegt also nicht im Interesse der Gemeinde und ihrer Einwohner." So fasst Holger Müller, Vorsitzender der Bürgerinitiative (BI) Umwelt Wathlingen, die Auswirkungen der von der Firma K+S geplanten Haldenabdeckung zusammen.

 

Müller weist auf die folgerichtige Forderung der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hin, den Abfallwirtschaftsplan zu ändern und solche Haldenabdeckungen landesweit einzustellen. Unterstützt werde diese Forderung erfreulicherweise von der Landtagsfraktion der FDP.

 

"Die Landesregierung aus SPD und CDU will die Kalihaldendeponien gegen den Widerstand der Bevölkerung vor Ort in Wathlingen und an anderen Orten aber weiterhin ohne Rücksicht durchsetzen", so Müller weiter. Sogar Bürgermeister Harms spreche angesichts einer Abfalldeponie neuerdings von einem "Missbrauch des Bergrechts". "Das sehen wir auch so", so Müller.

 

"Dann müssen jetzt aber auch Taten folgen", fordert Achim Bartsch, ebenfalls von der BI Wathlingen. "Der Gemeinderat Wathlingens könnte sich genauso erfolgreich gegen die Deponie wehren, wie die Gemeinde Selsingen bei Rotenburg. Dort wurde eine geplante Deponie um 60 Prozent stark verkleinert, weil die Gemeinde ihr Grundstück dem privaten Deponiebetreiber nicht übertragen wollte", erläutert Bartsch. Dabei habe das Oberverwaltungsgericht sogar ein öffentliches Interesse an der dortigen Abfalldeponie gesehen.

 

"Eine viel kleinere Deponie in Wathlingen würde uns allen entsprechend viel Lkw-Verkehr, Lärm und Staub ersparen", so Bartsch weiter.

 

Wolfgang Tannnberg von der BI Umwelt Uetze weist darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus 2015 die Rechte von privaten und öffentlichen Eigentümern gegen Enteignungen ausdrücklich gestärkt hat.

 

"Eine Enteignung zugunsten einer privaten Firma, wie K+S, darf nach diesem wegweisenden Urteil nur dann erfolgen, wenn gewährleistet ist, dass der Zweck der Maßnahme erreicht und dauerhaft gesichert wird, wenn die Enteignung zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe unumgänglich erforderlich ist und wenn weniger belastende Alternativen geprüft worden sind. In Wathlingen ist aber keine der genannten Voraussetzungen erfüllt." Tannenberg berichtet auch, "dass Aspekte, die das Verwaltungsgericht nicht erörtert hat, von der Enteignungsbehörde im Enteignungsverfahren nach dem Ende des Planfeststellungsverfahrens noch abgeklärt werden müssen."

 

"Das heißt zusammengefasst nichts anderes, als das es für K+S nahezu unmöglich ist, die Grundstücke der Gemeinde für die Deponie auf der Kalihalde zu enteignen", ergänzt Georg Beu von der BI Uetze. "Selbst wenn, wäre die 'schlimmste' mögliche Folge, dass die Gemeinde dafür finanziell entschädigt würde. Also gebe es keinerlei Risiko, sondern nur Vorteile bei einer Verweigerung der Grundstücke.

 

"Natürlich dürfen die Grundstücke K+S aber auch nicht verpachtet oder in anderer Weise zur Nutzung überlassen werden - womöglich auch noch am Rat vorbei", so Beu. Beispielsweise, indem K+S die östlich der Halde gelegene Straße "Am Förderturm" für die Deponie benutzen darf und der Gemeinde das Grundstück dann irgendwann "rekultiviert" zurückgibt. Der aktuelle Ratsbeschluss ließe das zu", erklärt er. Beu sähe das als "einen Kuhhandel" an, der "statt Asphalt aber auch nur eine Deponie mit viel belastetem Schutt und ein bisschen Gras obendrauf brächte".

 

"Der Riesenvorteil für die Firma K+S wäre, dass sie noch während eines Klageverfahrens beziehungsweise vor Abschluss des Planfeststellungsverfahrens loslegen könnte. Ganz ähnlich, wie bei der Recyclinganlage, wo die Gemeindeverwaltung seit Monaten die Absperrung und Nutzung von Gemeindegrundstücken durch K+S zulässt", so Beu weiter.

 

Alle vier sind sich einig, dass es keinesfalls ausreicht, die Grundstücke nur bis zum Ende des Planfeststellungsverfahrens nicht zu verkaufen. "Sie dürfen auf keinen Fall und in keiner Weise zur Verfügung gestellt werden. Wir erwarten, dass auch die CDU/Thunich Gruppe und die SPD-Fraktion, somit der gesamte Gemeinderat Wathlingen, jetzt nicht im Interesse der Großen Koalition der Landesregierung, sondern für die Menschen vor Ort handelt. Wir fordern, dass der Gemeinderat Wathlingens das eigene Dorf und die Nachbardörfer konsequent schützt."

 

Die aus Sicht der Bürgerinitiativen konkret erforderlichen Maßnahmen auf Gemeinderatsebene für einen wirksamen Schutz der Einwohner Wathlingens und der Einwohner der Nachbargemeinden Nienhagen, Hänigsen, Dachtmissen und Sorgensen vor den schwerwiegenden negativen Auswirkungen der geplanten Deponie auf der Kalihalde sowie eine ausführliche Darstellung der Argumente und die Gerichtsurteile sind auf der Internetseite www.biuw.de zu finden.