Wedemark
Donnerstag, 26.03.2020 - 17:36 Uhr

Gemeindeverwaltung: Straßenausbaubeiträge sollen abgeschafft werden

Vorschlag der Verwaltung: Finanzierung eines umfangreichen Straßen-Sanierungsprogramms durch Grundsteuererhöhung

WEDEMARK

Mehrere Fliegen mit einer Klappe will Bürgermeister Helge Zychlinski mit seinem Vorschlag zur künftigen Finanzierung des Straßenausbaus in der Wedemark schlagen: Er präsentiert der Gemeindepolitik ein innovatives Straßenausbau-, Straßenunterhaltungs- und Sicherheitsprogramm.

 

Rund eine Millionen Euro will die Gemeindeverwaltung in das Programm stecken und damit in die Verkehrssicherheit investieren. "Finanziert werden soll das Programm durch eine Erhöhung der Grundsteuer", das ist die Antwort des Bürgermeisters auf die Diskussion zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs). Die Verwaltung gehe damit noch über einen politischen Prüfauftrag des Gemeinderates aus dem vergangenen Jahr hinaus.

 

"Wir präsentieren heute ein umfassendes Konzept, das uns in die Lage versetzt, vorausschauend und zielgerichtet unsere Straßen in der gesamten Wedemark zu unterhalten, zu sanieren und auch neu auszubauen", kündigt Helge Zychlinski an. Dabei werde der Weg frei gemacht, ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer legen zu können. "Mit dem neuen Programm können wir auf den demografischen Wandel reagieren, die Belange von Seniorinnen und Senioren, aber auch von Kindern und Jugendlichen sowie Radfahrenden berücksichtigen. So ermöglichen wir sichere Mobilität für alle und damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben." Ein Aspekt ist Zychlinski gerade in der jetzigen Zeit besonders wichtig: "Nach der Coronakrise muss der Straßenbau unbedingt schnell weitergehen. Wir beschließen mit diesem Vorhaben also auch ein Investitionsprogramm, das die Wirtschaft dringendst benötigt und das sie fördert. Hier können wir als Gemeinde aktiv und strukturiert vorangehen und helfen."

 

Der Vorschlag, den die Verwaltung der Politik nun unterbreitet, sieht vor, die jetzt gültige Straßenausbaubeiträge durch eine Anpassung der Grundsteuer zu ersetzen. "Wir schlagen vor, auf die Beiträge nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz zu verzichten, die manche Anlieger sehr hoch belastete, müssen aber auch eine Ersatzfinanzierung vorsehen", erklärt Gemeindekämmerer Joachim Rose. Die Gemeinde solle künftig den Straßenausbau vollständig aus dem kommunalen Haushalt finanzieren. Ausgenommen sind Erschließungsbeiträge, die gemäß Baugesetzbuch beim Neubau von Straßen zwingend zu erheben sind. Joachim Rose macht aber auch deutlich, dass die Gemeinde die Einnahmeverluste durch den Wegfall der Straßenausbaubeiträge nicht decken könne. "Wir müssen weiter in der Lage sein, unser Gemeindevermögen zu unterhalten und investieren zu können - zum Beispiel in den Ausbau von Schulen und Kitas oder in unsere Feuerwehren." Deshalb schlägt er als Kompensation vor, dass sich die Gemeinde durch eine höhere Grundsteuer refinanzieren solle. "Schließlich nutzen wir alle unsere Straßen. Mit der Grundsteuer tragen alle zur Finanzierung bei."

 

Mit dem neuen Finanzierungsmodell verknüpft der Bürgermeister mehre Vorteile gegenüber der jetzigen Regelung. "Bisher konnten wir nur von Straße zu Straße planen. Stets galt es zu prüfen, inwieweit Anlieger unverhältnismäßig finanziell belastet werden. Dabei ging es immer um Einzelfallprüfungen. Eine weitsichtige Planung, bei der man buchstäblich auch mal um die Straßenecke denken konnte, war so nicht möglich. Jede Installation, auch von Anlagen für die Verkehrssicherheit, musste von einigen Wenigen bezahlt werden, obwohl die Mehrheit in der Wedemark davon profitierte," beschreibt er die bisherige Lage. Mit einer Finanzierung aus dem Gemeindehaushalt könne man über den Bordsteinrand hinausdenken und ein Gesamtkonzept mit einem Straßenbau- und Unterhaltungsprogramm auflegen. "Dann können wir auch notwendige Bordsteinabsenkungen vornehmen oder Fußgängerüberwege und sichere Querungshilfen realisieren", sagt Zychlinski. Das Aufstellen von Warn- und Verkehrsschildern oder das Aufbringen von Markierungen runde den Reigen der Möglichkeiten ab. Für solche Investitionen sollen jährlich 50.000 Euro vorgesehen werden. Dies werde je nach Bedarf ergänzt durch 20.000 bis 40.000 Euro pro Jahr aus den Mitteln zur Straßenunterhaltung.

 

Als weiteren Vorteil eines umfassenden Programmes führt der Bürgermeister den geringeren Verwaltungsaufwand ins Feld. "Die freiwerdenden Kapazitäten können direkt in den Straßenbau fließen, statt, wie bisher, in der Abwicklung von Beitragsveranlagungen mit Mahnungen und Rechtstreitverfahren festzustecken."

 

Mit dem neuen Vorschlag werden alle Immobilienbesitzerinnen und -besitzer in der Wedemark solidarisch zur Finanzierung herangezogen. Das bedeute aber für die Einzelnen vergleichsweise geringe Zusatzkosten, als die hohen einmaligen Beträge, die Anlieger bisher zahlen mussten, sind sich die Fachleute in der Gemeindeverwaltung sicher.

 

Der Vorschlag aus dem Rathaus sieht vor, dass der Rat die Straßenausbaubeitragssatzung aufheben, die Erschließungsbeitragssatzung ändern und die Hebesätze der Grundsteuer nach oben anpassen soll. Um das Programm angehen zu können, müsse in diesem Jahr ein Nachtragshaushalt beschlossen werden, der auch höhere Haushaltsansätze für Straßenunterhaltung, Investitionen, Kredite und Personaleinsatz für den Straßenausbau vorsieht.

 

"Damit verbessern wir die Straßenzustände in unserer Gemeinde nachhaltig", ist sich Zychlinski sicher. "Wir fördern den Radverkehr, helfen Schwächeren und verbessern unsere Straßen, was, nebenbei bemerkt, auch noch materialschonend für unsere Autos ist. Wir schlagen also sehr viele Fliegen mit einer Klappe und verteilen die Lasten solidarisch auf alle unsere Schultern." Rose und Zychlinski machen deutlich, dass von den steigenden Investitionen in den Straßenbau insbesondere lokale und regionale Betriebe profitieren werden: "Somit stärken die steigenden Investitionen in unsere Straßen auch die Wirtschaft vor Ort." Dies werde mit Blick auf die wegbrechende Konjunktur im Zusammenhang mit der Corona-Krise von immenser Bedeutung sein.