Uetze
Sonntag, 02.02.2020 - 14:08 Uhr

In Dollbergen trifft neueste Technik auf schwindende Einsatzkräfte

Die Ortsbrandmeister aus Schwüblingsen und Katensen, Sascha Meyer und André Judel, und Dollbergens Ortsbrandmeister Thomas Rolle (von links) verabschiedeten Bernd Semrau als Gruppenführer der Bereitschaftsgruppe.Aufn.: Bastian Kroll

Wenn es um die Technik geht, dann ist die Ortsfeuerwehr Dollbergen sozusagen ein Leuchtturm im Altkreis Burgdorf: Nachdem im Jahre 2012 das neue Feuerwehrhaus bezogen wurde, wird in diesem Jahr der gesamte Fahrzeugpark erneuert und die Technik verbessert sein. Bei der Anzahl der Einsatzkräfte plagen Ortsbrandmeister Thomas Rolle jedoch die Sorgen. Dies gab er anlässlich der Jahreshauptversammlung der Ortsfeuerwehr am gestrigen Sonnabend, 1. Februar 2020, im Feuerwehrhaus bekannt.

DOLLBERGEN

Etliche Werbeaktionen, Aktivitäten und "viel Energie", so Ortsbrandmeister Thomas Rolle, wurden in den vergangenen Jahren in die Mitgliedergewinnung gesteckt. Er erinnerte an die Werbeaktion "Frauen an den Brandherd" vor 12 Jahren, zählte aber auch etliche weitere Aktionen im vergangenen Jahr auf, wie beispielsweise Mitmach-Dienste und Öffentlichkeitsübungen, um neue Mitglieder zu gewinnen. Das Fazit des vergangenen Jahres: "Null neue Kameraden", konstatierte Ortsbrandmeister Thomas Rolle in seinem Jahresbericht vor rund 50 Anwesenden. Darunter Uetzes Bürgermeister Werner Backeberg, Gemeindebrandmeister Tobias Jacob, die Ortsbrandmeister aus Katensen und Schwüblingsen, André Judel und Sascha Meyer, sowie der stellvertretende Ortsbürgermeister Dirk Rentz.

 

"2017 haben uns acht Einsatzkräfte verlassen, 2018 waren es fünf und 2019 ebenfalls fünf. In diesem Jahr ist es bereits einer und es werden drei bis fünf werden, das weiß ich heute schon", erklärte der Ortsbrandmeister. "Das ist eine gesamte Ortsfeuerwehr in drei Jahren", so Rolle. "Ich werde hier keine tolle Statistik vortragen", betonte er. Zwar konnten durch die Mitgliederwerbung neue Einsatzkräfte geworben werden, doch glücklich sei er mit der Entwicklung nicht.

 

"Wir werden nicht jammern und auch nicht an Aufgeben denken", betonte er. Der Ehrgeiz sei weiterhin vorhanden und der Ort solle aufgrund der großen Präsenz der Ortsfeuerwehr nicht denken, "hier läuft schon alles". Er sehe einen Ort mit vielen Pendlern und mittlerweile weniger Zusammenhalt als früher. "Ich weiß nicht, was die jungen Leute machen", fragte er sich. So setze die Ortsfeuerwehr auch auf Quereinsteiger. Glück hatte er, als ein ausgebildeter Feuerwehrmann aus Sachsen nach Dollbergen zog und den Kontakt zur Ortsfeuerwehr aufnahm.

 

Die Ortsfeuerwehr bestand zum Stichtag 31. Dezember 2019 aus 48 aktiven Mitgliedern, acht Alterskameraden, 173 fördernden Mitgliedern und 12 Mitgliedern in der Jugendfeuerwehr und der Schnuppergruppe. Hinzu kommen 176 Mitglieder im Förderverein Feuerwehr Dollbergen.

 

Abseits der Mitgliederentwicklung bei den Aktiven gebe aber auch gute Nachrichten: Die Ausbildungsmotivation sei extrem hoch und auch die Ersatzbeschaffungen zauberten ein Lächeln in das Gesicht des Ortsbrandmeisters: Erst vergangene Woche ist der neue Mehrzweckwagen eingetroffen - Anschaffungskosten 110.000 Euro - und jüngst kam auch die Nachricht rein, dass der Bund im März ein LF20 KatS - Wert: 223.000 Euro - ausliefern werde. Es ist ein Ersatz für den bereits 2018 ausgemusterten Vorgänger.

 

"2012 haben wir das neue Feuerwehrhaus bezogen, und keines der damaligen Fahrzeuge ist noch hier am Standort", freute sich Rolle. In Richtung von Rat und Verwaltung betonte er: "Das ist nicht selbstverständlich", so Rolle. Die Ortsfeuerwehr werde über die Gemeindegrenzen hinaus dafür beneidet. Hinzu kämen weiter Anschaffungen wie neue Helme, eine Tragkraftspritze wie auch akkubetriebenes hydraulisches Rettungsgerät. Rund zwei Millionen Euro wurden von der Gemeinde Uetze investiert, rechnete Uetzes Bürgermeister Werner Backeberg zusammen. "Die Ausstattung einer solchen Wehr sucht seinesgleichen" stellte auch er fest. "Ohne moderne Einsatzmaterialien wäre das gar nicht zu bewältigen", so Backeberg. Gerade die Einsätze im vergangenen Jahr hätten dieses gezeigt. Es sei allerdings eine "echte Herausforderung für die Gemeinde, das zur Verfügung zu stellen", so Backeberg, dennoch seien die Beschlüsse jeweils einstimmig im Rat gefasst worden und mache deutlich, dass "in Rat und Verwaltung wertgeschätzt wird, was ihr für einen Einsatz leistet."

 

Es ist Technik, die auch benötigt wird, denn hinsichtlich der Einsätze im vergangenen Jahr konnte der Ortsbrandmeister feststellen: "Die Bandbreite der Einsätze war wieder enorm". So beispielsweise die Alarmierung zu einem im Dollbergen liegengebliebenen ICE - bei mehr als 30 Grad. "Mehrere Personen mit Kreislaufzusammenbruch", hieß es. "Da haben wir mit 500 bis 600 Personen zu tun". Ein "Supergau" nannte es Thomas Rolle. Die Situation bestätigte sich zum Glück nicht, der Zug war bereits in Hannover angekommen. Auch wenn es nicht zum Ernstfall kam: "Wir sind darauf vorbereitet", so der Ortsbrandmeister.

 

Ernst wurde es dagegen nach einem Sturm im Sommer in Katensen, als ein Zeltlager der Pfadfinder mit rund 100 Kindern in Not geriet. Es habe "keine halbe Stunde gedauert", bis die hinzugerufenen Feuerwehrkräfte die Kinder im Feuerwehrhaus in Dollbergen untergebracht hatten.

 

Brenzlig ging es beim Brand auf dem ehemaligen Gelände der Firma Prakla in Uetze zu. "Wir hatten noch die Zuversicht, dass wir zusammen mit den Kräften der Ortsfeuerwehr Burgdorf unseren Brandabschnitt halten können". Doch die Gruppenführer erkannten, dass der Rauch seine Farbe änderte, woraufhin der Rückzug befohlen wurde. "Unsere Trupps waren fast noch von herunterfallenden Platten getroffen worden", so der Ortsbrandmeister. Der Rückzug sei - nicht zuletzt aufgrund der richtigen und rechtzeitigen Entscheidung - in letzter Sekunde geschehen.

 

Insgesamt wurde die Ortsfeuerwehr 32 Mal alarmiert, die sich in 21 Hilfeleistungen und elf Brandeinsätze unterteilten. Verkehrsunfälle, Unwetterschäden, Hilflose Personen hinter verschlossener Tür, wie auch Brände beschäftigten die ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte.

 

Diese absolvierten zudem sechs Lehrgänge an der feuerwehrtechnischen Zentrale in Burgdorf wie auch an der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz in Celle. Zudem wurden 20 Einsatzkräfte auf den Digitalfunk geschult, sechs Einsatzkräfte absolvierten eine Motorkettensägenausbildung und fünf Feuerwehrkräfte nahmen an einer Gasbrandausbildung teil. Im ABC Zug Region Hannover Ost wurde an einer Übung teilgenommen und auch in der Feuerwehrbereitschaft waren die Mitglieder aktiv. Neben einer Übung in Bad Bodenteich waren Dollberger Feuerwehrkräfte auch beim Moorbrand in Meppen im Einsatz, wofür die Dollberger Kräfte geehrt worden waren.

 

Aufgrund der bestandenen Lehrgänge und der Dienstzeit konnte so vier Einsatzkräften ein neuer Dienstgrad verliehen werden: Josephine Schreiber wurde zur Oberfeuerwehrfrau sowie Kevin Kühne, Mirko Bergholz und Erick Marques Da Sylva zum Hauptfeuerwehrmann ernannt.

 

Durch Gemeindebrandmeister Tobias Jacob wurde Volker Gehrke mit dem Feuerwehr-Ehrenzeichen des Landes Niedersachsen für 40-jährige aktive Mitgliedschaft in der Feuerwehr ausgezeichnet.

 

Neben ihrer originären Aufgabe trugen die Feuerwehrmitglieder aber auch wieder zum gesellschaftlichen Leben im Ort bei. Die Müllsammelaktion wurde organisiert, das Osterfeuer unterstützt, zum Maibock-Anstich eingeladen - in diesem Jahr mit der Übergabe des neuen Mehrzweckfahrzeugs verbunden -, der Laternenumzug begleitet, beim Volkstrauertag teilgenommen und der Weihnachtsmarkt unterstützt und zudem in Katensen der Schützenumzug abgesichert. 5748 ehrenamtlich geleistete Stunden kamen so im vergangenen Jahr zusammen. In diesem Jahr wird noch ein weiterer Termin hinzukommen: Im August wird auf dem Gelände des TSV der 111. Geburtstag der Ortsfeuerwehr und des TSV Dollbergen 09 gefeiert.

 

Jugendfeuerwehrwartin Rebecca Scherler berichtete von den Aktionen der 12 Nachwuchsbrandbekämpfer, die beim Dorfputz wie auch der Maifeier teilnahmen aber auch eine gemeinsame Übung mit den Aktiven durchführten und anschließend im Feuerwehrhaus übernachteten. In der Schnuppergruppe seien bereits in diesem Jahr zwei neue Mitglieder aufgenommen worden und drei Interessierte haben die Anmeldeformulare bereits mitgenommen.

 

Neben den Berichten gab es auch Formalien zu erledigen: Für die nächsten zwei Jahre wurde Nils Boy zum Kassenprüfer gewählt. Das Ortskommando setzt für weitere drei Jahre den Kassenwart Andreas Völcker, den Atemschutzbeauftragten Nils Boy und Sicherheitsbeauftragten Klaus Rentz ein.

 

Dank sprachen der stellvertretende Ortsbürgermeister Dirk Rentz sowie Ortsratsmitglied Till Schumann den Feuerwehrmitgliedern aus. "Wenn hier die 112 gerufen wird, kommt kurze Zeit später die Feuerwehr", stellte Till Schumann zufrieden fest. Und Dirk Rentz hatte ausgerechnet, dass rund 17 Prozent der Einwohner in Dollbergen in der Feuerwehr sind: Als Aktive oder Förderer. Er stellte zudem fest, dass es eine "Riesenlücke" im Ort gäbe, wenn es die Feuerwehr nicht gäbe und hob hier die Seniorenfeier und den Bockbieranstich hervor, die von der Feuerwehr ausgerichtet werden würden. "Ich bin stolz, dass wir eine Feuerwehr haben, die dabei ist", so der stellvertretende Ortsbürgermeister.

 

Mit einem Geschenk wurde Bernd Semrau, Gruppenführer der Bereitschaftsgruppe, aus seinem Amt verabschiedet. Er erhielt aus der Ortsbrandmeister aus Katensen, Schwüblingsen und Dollbergen seine Einsatzweste, die ihn als Gruppenführer kenntlich machte. Seinen Posten wird Daniel Trautwig übernehmen, der bereits beim Moorbrand in Meppen die Führung übernommen hatte.

 

Einen Hinweis hatte der Ortsbrandmeister zum Ende der Versammlung: "Ich oder meine Frau sind nicht die Feuerwehr. Wenn es brennt, wählt die 112 und nicht meine Privatnummer", so Rolle. Er erinnerte sich an einen Anruf: "Hier kommt Feuer aus der Wand, was soll ich tun?" fragte ein Anrufer. "Die 112 wählen", so der Ortsbrandmeister. "Warum wird sich nicht getraut, den Notruf zu wählen?" wunderte er sich. So war es nicht selten, dass in der folgenden Alarmierung stand: "Ortsbrandmeister vor Ort".

 

Wer als "Leitstelle Dollbergen" in der Bevölkerung angesehen wird, muss im Ort schon einiges geleistet haben und so war es nicht verwunderlich, dass sich die Mitglieder der Ortsfeuerwehr bei Thomas Rolle und seiner Frau mit einem kleinen Präsent und Blumenstrauß für das Engagement im Ort bedankten.

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