Isernhagen
Donnerstag, 30.01.2020 - 19:56 Uhr

Pflanzenkohle: "Ein heißes Thema für einen kühlen Planeten"

Aufn.:

ISERNHAGEN

Am 24. Januar 2020 hatten der Umweltschutzverein und die Grünen Isernhagen ins Gasthaus Dehne eingeladen, um Alternativen für die Klärschlammbehandlung zu erörtern. Dr. Ing. Susanne Veser, die Vorsitzende des Fachverbands Pflanzenkohle e.V. aus Leonberg, eröffnete mit ihrem Vortrag dem zahlreich erschienenen fachlich interessierten Publikum positive Ausblicke. "Wir wissen, dass zum Schutz von Böden und Grundwasser die Gesetzesregelungen zur Klärschlammbehandlung (EU und Bund) vorsehen, dass Schadstoffe eliminiert und lebenswichtige Phosphate wieder in den Kreislauf zurückzuführen sind. Wichtig ist auch zu wissen, dass eine Hochtemperaturverbrennung nicht zwingend vorgeschrieben ist. Das Bundeskabinett schlug sogar vor, die Forschung möge alternative Wege zur Verbrennung finden", erklärte sie.

 

Die gespannt lauschende Zuhörerschaft bekam Einblicke in ein neues Verfahren über die Herstellung von Pflanzenkohle. Aus pflanzlichen Reststoffen wie beispiwelsweise Grüngut entstehe unter sauerstoffarmen Bedingungen Pflanzenkohle. Ebenso könne die Klärschlammbehandlung durchgeführt werden. Das Verfahren nennt man Pyrolyse.

 

Bei diesem Verfahren sei der Phosphor pflanzenverfügbar noch vorhanden, somit seien "komplizierte und superteure Rückholverfahren obsolet". Der anwesende Hersteller einer Pyrolyseanlage aus Rehburg bestätigte , dass die Schadstoffe auch in diesen Anlagen entsprechend der gesetzlichen Vorschriften eliminiert werden könnten.

 

Ebenso gelöst sei das Problem der Überdüngung. Pflanzenkohle beziehungsweise das Klärschlammkarbonisat werde durch Naturdung aufgeladen und gebe dann die Nährstoffe über Mikroorganismen direkt an die Pflanze ab. Die Auswaschung von Nährstoffen in das Grundwasser werde bis zu 80 Prozent reduziert. Während fossile Kohlen hauptsächlich als Brennstoff zum Einsatz kommen, nutze man Pflanzenkohle als festen Hilfsstoff für fruchtbare Böden, in der Tierhaltung (analog zur Humanmedizin: Kohletabletten zur Schadstoffadsorption bei Magen/Darm-Infekten), als Filter und in vielen anderen Bereichen. Der in ihr enthaltene Kohlenstoff bleibe zum größten Teil mehr als 2000 Jahre stabil im Boden und somit werde CO2 der Atmosphäre entzogen. "Eine Hilfe beim Kampf gegen die Klimakrise", so der Umweltschutzverein.

 

"Besonders smart bei diesen Verfahren ist die Möglichkeit, diese direkt an die Klärwerke anzubinden. Die langen An- und Abtransporte, teilweise schon heute durchs ganze Bundesgebiet und bis ins nahegelegene Ausland, entfallen", unterstreichen die Organisatoren.

 

Hinsichtlich der an der Mülldeponie in Lahe/Altwarmbüchen geplanten Verbrennungsanlage fragt der Umweltverein: "Warum also soll hier eine große Monoklärschlamm-Verbrennungsanlage entstehen, wenn es billigere und einfachere Möglichkeiten der Klärschlammbehandlung gibt? Diese Frage diskutierten wir mit Bürgern und Bürgerinnen aus Hildesheim, Stapelfeld und anderen Orten, die ebenfalls die gleichen Probleme vor die Haustür gesetzt bekommen sollen. Seien Sie sicher. Es wird auf jeden Fall eine Vernetzung von Bürgerinitiativen geben, um den 'Entscheidern' - unseren gewählten Volksvertretern - Informationen nach neuester Forschung und Wissenschaft zu geben, damit sie im Sinne der Bürger und Bürgerinnen auch fundierte neue Entscheidungen herbeiführen können. Wir sind es leid, immer mehr Schadstoffe einzuatmen und dafür auch noch überhöhte Gebühren zu zahlen."

 

Wie Dr. Veser am Schluss resümierte: "Die Welt ist in Bewegung, und wir müssen uns anpassen und nicht dagegenstellen."