Lehrte
Montag, 24.06.2019 - 15:28 Uhr

Matthias Miersch und Niels Annen diskutieren im Antikriegshaus Sievershausen

"Null-Summen-Denken überwinden"

Matthias Miersch (links) und Niels Annen diskutierten mit den Besuchern.Aufn.:

SIEVERSHAUSEN

Zum Thema "Für Frieden und Verständigung - Sozialdemokratische Friedenspolitik heute" hatte sich der örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch einen Gast mit besonders tiefem Einblick in die deutsche Außenpolitik eingeladen: den Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen. "Wo, wenn nicht hier im Antikriegshaus Sievershausen, hätte diese Veranstaltung besser thematisch hingepasst?", begrüßte Miersch seinen Gesprächspartner sowie die Gäste, die der Diskussionseinladung gefolgt waren.

 

Miersch skizzierte zu Einführung die beiden aus seiner Sicht elementaren Fragen für ein friedliches Zusammenleben. Zunächst müsse man sich um den Zusammenhalt der Gesellschaft in Deutschland - aber eben auch darüber hinaus - kümmern. Zudem müsse man die Zukunftsfähigkeit des Zusammenlebens und Wirtschaftens erreichen. "Wenn es beispielsweise nicht gelingt, global einen nachhaltigen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu organisieren, dann zieht dies bald Verteilungs- und Verdrängungskämpfe in bisher ungekannter Dimension nach sich", präzisierte Miersch.

 

Niels Annen begann seine Ausführungen mit einem Überblick über die derzeitige Lage der Weltgemeinschaft, in welcher Russland mit der Annexion der Krim und dem verdeckten Krieg im Donbass eine zunehmende Aggressivität an den Tag lege, in der die USA wichtige Verträge, wie den INF-Vertrag oder das Atomabkommen mit dem Iran, einseitig aufkündigten und in welcher China zur zunehmend auch militärisch selbstbewussten Supermacht aufsteige.

 

Deutschland, das ein Mindestmaß an Vertrauen in der Welt genieße, bringe sich in den Konfliktregionen als Vermittler ein. So hätten etwa die vielen langen und intensiven Gespräche zur Situation in der Ukraine, die Frank-Walter Steinmeier in seiner Zeit als Außenminister geführt habe, maßgeblich dazu beigetragen, dass kein offener Krieg ausgebrochen sei.

 

Es sei die erklärte Strategie Deutschlands, bei den großen Konflikten der Welt mit ausgebildeten Mediatorinnen und Mediatoren des diplomatischen Dienstes zu vermitteln, um Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. "Das Null-Summen-Denken, in welches Russland und unter Donald Trump auch die USA zurückgefallen sind, nach welchem man selbst nur gewinnen könne, solange ein anderer verliere, ist falsch und brandgefährlich", führte Annen aus. Dies müsse überwunden werden, denn nur im Verbund könnten die großen Fragen unserer Zeit noch beantwortet werden.

 

Dabei sei es elementar, dass man sich etwa als EU nicht auseinanderdividieren ließe. Beim Atomabkommen mit dem Iran zum Beispiel, welches man 13 Jahre lang verhandelt habe, um zu verhindern, dass der Iran Atomwaffen entwickle, müssten die Europäer nun verhindern, dass die USA den ganzen Fortschritt zerstörten. Weil das Handelsvolumen mit den USA so wichtig sei, trauten sich viele Unternehmen nicht mehr, Handelbeziehungen auch mit Unternehmen im Iran aufzunehmen. Dies sei aber wichtig, um wechselseitiges Vertrauen aufzubauen. Daher würden Maßnahmen ergriffen, welche europäische Unternehmen unterstützen, die von Handelssanktionen der USA gegen den Iran betroffen sind.