Lehrte
Mittwoch, 23.05.2018 - 11:36 Uhr

Aldi-Logistiklager in Aligse: Auch der BUND stellt Mängel bei den Planungen fest

Aufn.:

ALIGSE

Nachdem die Bürgerinitiative Aligse-Kolshorn-Röddensen der Stadt Lehrte Fehler beim Thema Straßenverkehr und Lärm vorwirft, äußert sich nun auch BUND Region Hannover kritisch gegenüber den derzeit vorliegenden Planungen zum Aldi-Logistiklager in Aligse. Neben einer fehlenden Alternativenprüfung und einer mangelhaften Bürgerbeteiligung sieht der BUND aus naturschutzrechtlicher Sicht vor allem Fehler bei den geplanten Kompensationsmaßnahmen.

 

René Hertwig, Naturschutzreferent des BUND Region Hannover, stellt nach der Überprüfung der derzeit vorliegenden Planungsunterlagen fest: "Die Unterlagen sind mangelhaft und nicht ausreichend für eine sachgerechte Beurteilung des Vorhabens. So fehlen zum Beispiel Aussagen zu möglichen Alternativen, sowohl hinsichtlich des Standortes als auch bezüglich der eigentlichen Umsetzung des Vorhabens." Entsprechend der Anlage 1 zum Baugesetzbuch (BauGB) stelle die Alternativenprüfung einen Bestandteil des Bauleitplanverfahrens und insbesondere der Umweltprüfung dar. Dabei seien Standortalternativen aber auch Konzeptalternativen zu erörtern und die Gründe für die letztlich gewählte Alternative für jedermann nachvollziehbar darzulegen. "Das heißt, dass der Sachverhalt zumindest soweit ausgeführt wird, wie das für eine sachgerechte Entscheidung erforderlich ist. Bislang fehlen diese Angaben, sodass für die rechtlich sichere Beurteilung des Vorhabens zunächst alle möglichen Alternativen untersucht werden müssen", so der BUND.

 

Dazu ist anzumerken, dass sich der BUND grundsätzlich für eine deutliche Reduzierung des Flächenverbrauchs durch Gewerbe und Siedlungen ausspricht. In der Vergangenheit lag der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland bei 120 Hektar (ha) pro Tag. Einhergehend mit den negativen Auswirkungen auf Natur und Landschaft sehe daher auch die Bundesregierung in ihrer Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie vor, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 ha pro Tag zu verringern. Aktuell leige der Flächenverbrauch zwischen 60 und 70 ha pro Tag und ist damit noch weit von dem 2020-Ziel entfernt. "Werden auf der lokalen Ebene weiterhin solche Großprojekte auf der grünen Wiese durchgeführt, ist das Ziel sicher nicht zu halten" ist sich Hertwig sicher.

 

Hinzu komme, dass gerade bei solchen Großprojekten die Bevölkerung vor Ort frühzeitig bei der Entscheidungsfindung mit einbezogen werden sollte. "Auch das ist hier nicht der Fall", resümiert Hertwig. "Seit 'Stuttgart 21' sollte eigentlich klar sein, dass zumindest bei derartigen Großprojekten die bisherigen Beteiligungs- möglichkeiten nicht ausreichend sind. Solche Entscheidungen betreffen unmittelbar das Lebensumfeld der Anwohner auf die Dauer von vielen Jahrzehnten und sollten daher nur unter ernsthafter Einbeziehung der Bevölkerung vor Ort entschieden werden. BürgerInnen wollen sich engagieren und suchen nach neuen Wegen der Mitwirkung sowie der politischen Partizipation. Sowohl Politik als auch Verwaltung sollte dies nicht ignorieren. Statt ausschließlich an den herkömmlichen Verfahren festzuhalten, sollten zusätzlich Formen einer modernen Demokratie, wie zum Beispiel die dialogorientierte Bürgerbeteiligung, zur Anwendung kommen", erklärt er.

 

Ein weiterer Kritikpunkt seien die derzeit vorliegenden Planungen zur Kompensation des Vorhabens. Hierzu stellt Hertwig fest: "Die externen Kompensationsmaßnahmen können nicht als solche anerkannt werden." Vorgesehen ist, auf einer Waldfläche in der Gemarkung Eicklingen einen Kiefernwald zu einem standortgerechten Laubmischwald umzubauen. Hierbei handelt es sich um "eine Maßnahme im Sinne der guten fachlichen Praxis", so Hertwig, die "nicht als Kompensationsmaßnahme angesehen werden kann". Im Wald können nur solche Maßnahmen für die Kompensation von Eingriffen anerkannt werden, die über die Standards der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft beziehungsweise der guten fachlichen Praxis hinausgehen. "Da die Forstwirtschaft nach § 5 Abs. 3 BNatSchG dazu verpflichtet ist, naturnahe Wälder aufzubauen, kann die vorgesehene Kompensationsmaßnahme auch nicht als solche geltend gemacht werden", urteilt er.

 

Naturschutzfachlich sei es außerdem fragwürdig, die auf der Fläche bereits eingesetzte Entwicklung zu einem aus Naturverjüngung entstehenden lichten und hochwertvollen Eichen-Birkenwald abzubrechen und durch Anpflanzung die Schattbaumarten Buche und Berg-Ahorn einzubringen. Aus Naturschutzsicht ist die Habitatkontinuität von lichten Wäldern (Kiefernwälder, Eichenwälder) besonders schützenswert und sollte auch bei einem Waldumbau unbedingt beachtet werden, gerade wenn damit Naturschutzziele verfolgt werden. Der Berg-Ahorn sei im Tiefland zudem nicht heimisch. Seine Anpflanzung sei daher als eine Beeinträchtigung und keineswegs als Aufwertung anzusehen. "Schließlich hat in planerisch absehbaren Zeiträumen ein 120-jähriger Kiefernwald eine höhere Bedeutung für den Naturschutz als eine Anpflanzung junger Bäumchen. Die Anrechnung der forstlichen Maßnahme als Kompensation kann deshalb nur als Etikettenschwindel gewertet werden", erklärt Hertwig abschließend.