Isernhagen
Sonnabend, 11.11.2017 - 19:25 Uhr

SILBERBILDER: Künstlerführung mit Thilo Nass

Aufn.:

ISERNHAGEN

Das Kulturkaffee Rautenkranz, Hauptstraße 64 in Isernhagen F.B., lädt am Sonntag, 19. November 2017, um 17 Uhr zur Künstlerführung mit dem hannoverschen Fotografen Thilo Nass. Die Begrüßung erfolgt durch Stefan Rautenkranz vom Kulturkaffee Rautenkranz, anschließend folgt die Künstlerführung durch Thilo Nass.

 

Thilo Nass fotografiert mit einer Century Großformatkamera aus Holz (um 1900) und einem ebenso alten, wie großen Objektiv nach dem historischen Kollodium-Nassplatten Verfahren (Wet Plate). Bei diesem Verfahren werden Metall- oder Glasplatten mit Kollodium begossen und mit Silbersalzen lichtempfindlich gemacht. Die fertigen Platten beeindrucken durch ihre große Schärfe und ihre silbernen Tonwerte. Durch das zum Rand hin unscharfe Objektiv erhalten die Portraits eine großartige Intensität. Nass:“Es ist für mich und meine Kunden ein beglückendes Gefühl wieder neu zu erleben, wie ein fotografisches Silberbild durch Belichtung und Entwicklung auf einer Platte entsteht. Ein faszinierender Vorgang, der zurück führt zu den Anfängen der Fotografie und unsere Sehnsucht erfüllt nach einer Fotografie jenseits digitaler Beliebigkeit heutiger Bilderfluten.“Das historische Kollodium-Nassplattenverfahren verlangt Ausdauer und Frust-Toleranz vom Fotografen. Nass, der je nach Anlass und Motiv mit Glasoder geschwärzten Aluminiumplatten arbeitet, brauchte eineinhalb Jahre, bis er alle Chemikalien, Utensilien und Materialien beisammen und den Prozess im Griff hatte. „Das Verfahren ist voller Fallen. Man muss die Flüssigkeiten immer wieder filtern und extrem sauber arbeiten, um Platten mit möglichst wenigen Makeln zu erzeugen“, sagt Nass, der seine ersten Versuche mit fertigen Lösungen machte. Inzwischen stellt er alle Zutaten aus den Grundstoffen selbst her. „Das Gefühl unabhängig zu sein und alles selber herstellen zu können, gehört zum Selbstverständnis eines Kollodium-Fotografen“, sagt er. Die größte Herausforderung bestehe aber trotz aller handwerklichen Raffinesse immer noch in der Aufnahme des Porträts selbst, sagt Nass. „Eine Porträtsitzung ist eine sehr intime Situation. Sie verlangt nach einem Zwiegespräch zwischen dem Fotografen und dem Menschen vor de Kamera, nach Nähe und Vertrauen. Die historische Aufnahmetechnik hilft mir, diese Atmosphäre herzustellen. Wenn Menschen sich vor meine Atelierkamera setzen und in die riesige, messing- umrandete Linse sehen, dann bekommt dieser Moment wieder eine Einmaligkeit. Die Langsamkeit und die Zauberei des Prozesses erzeugen eine Intensität, die mir dabei hilft, meinem Anspruch gerecht zu werden, ikonenhafte Porträts zu schaffen. Denn um nichts anderes geht es in der Fotografie: in der unendlichen Folge von Augenblicken, den einen zu finden, der alles sagt, der unwiederbringlich ist.Eine Portraitsitzung bei einem Fotografen war vor 150 Jahren ein beeindruckendes Erlebnis. Die Menschen kamen in ihren besten Kleidern in die Ateliers und posierten in stolzer Haltung vor der Kamera. Der Fotograf war Künstler und Alchimist zugleich. Seine Arbeit umwehte ein Hauch von Zauberei

 

Das Ergebnis war nicht nur eine Fotografie - was schon beeindruckend genug war, es war ein künstlerisches Abbild einer Person, zwar nicht von einem Maler gemalt, aber doch in Ausdruck und Wirkung mit der gleichen Erhabenheit. Ein zeitloses Dokument, ein Beweis der eigenen Existenz - "Seht her, diese stolze, edle Person, bin ich!". Ein Bild für die Ahnengalerie! Betrachten wir heute die Portraits aus dieser Zeit, so sind wir fasziniert von der Schönheit und der Intensität der Aufnahmen.Die Fotografenportraits unserer Großeltern und Urgroßeltern sind wunderbare und wertvolle Zeitdokumente.

 

Thilo Nass möchte mit meiner Arbeit diese Kunst wieder neu entdecken und Portraits schaffen, die individuell und einmalig sind, und vor der Zeit Bestand haben.

 

Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Januar 2018, jeweils Montag bis Donnerstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.