Region Hannover
Donnerstag, 16.03.2017 - 18:16 Uhr

Miersch und Lesemann besuchten JVA Sehnde: Justizvollzug ist im ständigen Wandel

Die SPD-Landtagsabgeordnete Silke Lesemann und der Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch besuchten die JVA in Sehnde.Aufn.:

SEHNDE/REGION

Normalerweise geht man nicht freiwillig in ein Gefängnis. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Miersch und die Sehnder SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Silke Lesemann besuchten am gestrigen Mittwoch, 15. März 2017, dennoch aus freien Stücken die Justizvollzugsanlage (JVA) in Sehnde, denn sie suchten Antworten auf wichtige landes- und bundespolitische Fragen. Wie hat sich der Betrieb in Haftanstalten in den letzten Jahren verändert? Vor welchen neuen Herausforderungen steht die Justiz heute? Mit 500 Inhaftierten gehört die JVA zu den größten und zudem sichersten Gefängnissen in ganz Niedersachsen. In Sehnde sitzen deshalb auch einige Schwerverbrecher hinter Gittern - das hatte bei der Eröffnung 2004 noch für einige Skepsis in der umliegenden Bevölkerung gesorgt. "Heute kann man sagen, dass sich die Befürchtungen zum Glück nicht bewahrheitet haben", bilanzierte Lesemann. Ganz im Gegenteil: Miersch bezeichnete die JVA als wichtigen Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber für die gesamte Region. Die Betriebe des Gefängnisses arbeiten mit regionalen Unternehmen zusammen, rund 300 Beschäftigte arbeiten in dem Komplex.

 

Für die Vollzugsbeamten, von denen das Gefängnis im Jahr rund ein Dutzend neu ausbildet, ist der Job kein leichter. Die stellvertretende Anstaltsleiterin, Kerstin Buckup, berichtet, dass die Zahl der psychisch kranken Inhaftierten in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Die JVA Sehnde sei deshalb froh, dass dafür eine eigene Fachärztin für Psychiatrie zur Verfügung stehe. Zudem würden Vollzugsbeamtinnen häufiger respektlos behandelt und der demographische Wandel wirke sich aus. Denn auch die Inhaftierten werden immer älter, manche von ihnen brauchen intensive Betreuung. Ein wichtiges Gesprächsthema war zudem die Resozialisierung von Strafgefangenen. Die ist eng verknüpft mit einer Novelle des Justizgesetzes, die derzeit im Landtag erarbeitet wird. Es sieht eine stärkere Opferorientierung und die Einbindung der Familien der Täter vor. "So sollen Opfer beispielweise künftig bei der JVA Auskunft einfordern können, wann der Täter Ausgang habe, um ungewollte Begegnungen zu vermeiden", erklärt der stellvertretende Anstaltsleiter, Dominik Nillies. Für die Resozialisierung der Gefangenen sei die Einbindung der Verwandten und der Opfer wichtig, betont Miersch: "Die Täter müssen sich mit ihrer Tat beschäftigen und brauchen in der Freiheit einen Rückhalt durch die Familie. Ich sehe in der geplanten Novelle eine große Chance."

 

Eine wichtige Rolle spiele auch ein regelmäßiger Tagesablauf. "Die Gefangenen müssen einer Arbeit nachgehen, um in Freiheit klarzukommen", sagt Lesemann. In der JVA Sehnde stehen 220 Arbeitsplätze in mehreren Eigen- und Unternehmerbetriebe zur Verfügung. So werden in der Schlosserei zum Beispiel Grille gefertigt oder in der Tischlerei die Büromöbel für die Justizbehörden. Inzwischen ließen sogar kleinere Betriebe aus der Region Auftragsarbeiten im Gefängnis erledigen, da dort die notwendigen Maschinen stehen.

 

"Früher hat man es sich einfach gemacht und die Gefangenen weggesperrt. Heute wählt man den komplizierten Weg, um die Gefangenen in die Gesellschaft resozialisieren zu können", sagte Miersch. In der JVA Sehnde sei zu beobachten, wie der moderne Strafvollzug funktioniere. "Ich bei unserem kurzen Besuch viele hoch motivierte Mitarbeiter kennengelernt, das hat mich beeindruckt", sagte Miersch. Dennoch waren die beiden Abgeordneten froh, das Gefängnis nach wenigen Stunden wieder verlassen zu dürfen.